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Hashim Thaci will auch nach dem 12. Dezember wieder Regierungschef sein.

Foto: EPA/VALDRIN XHEMAJ

Prishtina/Pristina - Im Kosovo hat am heutigen Mittwoch der Wahlkampf vor der Parlamentswahl am 12. Dezember begonnen, der ersten seit Ausrufung der Unabhängigkeit im Februar 2008. Die bei 40 Prozent liegende Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsprobleme sowie die Korruption und die Organisierte Kriminalität werden erwartungsgemäß im Vordergrund der Kampagnen stehen. Die EU-Annäherung des jungen Staates ist ebenfalls ein dominierendes Thema.

29 Parteien und Bündnisse bewerben sich für die 120 Parlamentssitze. 20 Sitze sind den Minderheitengruppen vorbehalten. Um den Sprung ins Parlament sind dieses Mal auch mehrere serbische Parteien bemüht, wenngleich Belgrad den Standpunkt vertritt, dass die Voraussetzungen für die Wahlteilnahme der etwa sechs Prozent der Bevölkerung zählenden serbischen Volksgruppe nicht gegeben seien. Eine aktive Boykott-Politik wird von serbischer Seite dieses Mal allerdings nicht geführt.

Thaci ist Favorit

Meinungsumfragen deuten daraufhin, dass die Demokratische Partei (PDK) des bisherigen Regierungschefs Hashim Thaci auch künftig die stärkste Parlamentskraft bleiben dürfte. Thaci, der damit rechnet, auch nach den Wahlen am Regierungsruder bleiben zu können, genießt mit rund 36 Prozent sogar eine etwas größere Unterstützung als seine Partei.

Als potenzieller künftiger Regierungspartner Thacis wird die Allianz Neues Kosovo (AKR) des Geschäftsmannes Behgjet Pacolli angesehen, die ein Wahlbündnis von sieben kleineren Parteien anleitet. Thaci scheint sich zudem bereits auch die Kooperation einiger Minderheitenparteien gesichert zu haben.

Sein bisheriger Bündnispartner, die Demokratische Liga (LDK), geht nach dem Personalwechsel an der Parteispitze gespalten in den Wahlkampf. Die Parteiführung wurde kürzlich vom beliebten Bürgermeister Prishtinas, Isa Mustafa, übernommen. Ihm ist es jedoch nicht gelungen, den Sohn des Parteigründers, Ibrahim Rugova, in die Reihen der Parteien zurückzugewinnen.

Uke Rugova wird zusammen mit einigen anderen LDK-Funktionären am 12. Dezember im Bündnis mit der Allianz für die Zukunft (AAK) des Haager Angeklagten Ramush Haradinaj, einem ehemaligen großen LDK-Gegner, antreten. Mustafa hatte schon vor dem Wahlkampf eine erneute Regierungskoalition mit der PDK ausgeschlossen. Er wäre nur bereit, das Amt des Premiers zu übernehmen. In diesem Fall würde er auch den Bürgermeisterposten aufgeben, kündigte Mustafa an.

Ultranationalisten treten an

Neue politische Kräfte und ungewöhnliche Bündnisse machen das Rennen spannend. Zum ersten Mal wird bei der anstehenden Wahl die ultra-nationalistische Organisation "Vetevendosje" (Selbstbestimmung) von Albin Kurti antreten. Sie ist derzeit die einzige politische Kraft, die offen die Vereinigung mit Albanien befürwortet. Den Umfragen zufolge würden knapp 80 Prozent der kosovarischen Albaner die Bildung eines Groß-Albanien unterstützen, welches neben dem Kosovo und Albanien auch von Albanern besiedelten Teile Mazedoniens erfassen würde.

Kurti rechnet im Urnengang vor allem mit Stimmen ehemaliger Kämpfer aus den Reihen der früheren "Befreiungsarmee des Kosovo" (UCK). Als einziger kosovarischer Politiker wohnte er vor wenigen Wochen in Tirana einem von albanischen Journalisten Koco Danaj veranstalteten Treffen zur Vereinigung der von Albanern bewohnten Gebiete im "Natürlichen Albanien" bei.

Gute Aussichten, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, soll auch die kürzlich gebildete Partei Fryma e Re (Frische Luft/FER) haben. Ihre Gründer und Spitzenkandidaten sind der langjährige Leiter des Institutes für politische Forschung und Entwicklung KIPRED, Ilir Deda, und der in der Zivilgesellschaft ebenso bekannte Shpend Ahmeti. Ihre Anhänger kommen vorwiegend aus den Reihen junger Intellektueller.

Noch kein Termin für Visa-Liberalisierung

Eine kalte Dusche musste Premier Thaci noch vor dem Beginn des Wahlkampfes hinnehmen, nachdem er erklärt hatte, dass die Bürger des Kosovo bei seiner Wiederwahl innerhalb von 15 Monaten die Visa-Liberalisierung erhalten würde. Ein Termin dafür sei nicht festgelegt worden, konterte laut kosovarischen Medienberichten die österreichische EU-Abgeordnete der Grünen, Ulrike Lunacek, bei einem dieswöchigen Besuch im Kosovo.

Große Kritik wird sich Thaci im Wahlkampf wegen der Tatsache anhören müssen, dass sein Land bisher von nur rund 70 Staaten anerkannt wurde. Noch vor drei Jahren hatte er von einer baldigen Anerkennung durch 100 Länder geschwärmt, was dem Land eine rasche UNO-Aufnahme sichern würde.

Die ursprünglich für Februar angesetzten Wahlen wurden nach einem Misstrauensvotum gegen die Regierung Thacis Anfang November vorversetzt. Zuvor hatte sich die LDK aus dem Regierungsbündnis zurückgezogen. Den Auslöser hatte Ende September der Rücktritt des damaligen kosovarischen Präsidenten und LDK-Chefs Fatmir Sejdiu geliefert. Er hatte sich dazu nach der Meinung des Verfassungsgerichtes entschlossen, dass er die Konstitution verletzt habe, indem er als Staatschef auch Parteiamt behalten habe. (APA)