New York/Frankfurt/Main - In der Schuldenkrise haben die Märkte den Euro-Wackelkandidaten eine überraschende Atempause gewährt und die EZB zum Helfer in der Not auserkoren. Die Risikoaufschläge für zehnjährige spanische, portugiesische und italienische Anleihen gingen am Mittwoch stark zurück. Dahinter steht offenbar die Hoffnung, dass die von Jean-Claude Trichet geleitete Europäische Zentralbank (EZB) den Südländern verstärkt mit gezielten Käufen am Staatsanleihenmarkt aus der Patsche hilft. Der Euro profitierte von der hoffnungsfrohen Stimmung an den Märkten und konnte seine Talfahrt stoppen.

Der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle rechnet nicht damit, dass Länder wie Spanien oder Portugal unter den Euro-Rettungsschirm flüchten müssen. "Das sehe ich nicht", sagte er in Berlin. Auch seine französische Kollegin Christine Lagarde ist zuversichtlich, dass Spanien und Portugal die Krise aus eigener Kraft bewältigen werden. Zugleich lobte sie die "extrem aktive Rolle" der EZB in der Schuldenkrise.

Trichet verteidigte jüngst das im Mai aufgelegte Aufkaufprogramm für Staatsanleihen erneut gegen Kritik und betonte, die Käufe zur Stabilisierung der Märkte liefen weiter. Der EZB-Rat tagt am Donnerstag. Experten gehen davon aus, dass sehr kontrovers über das Thema Bondkäufe diskutiert werden dürfte. Anders als die US-Notenbank oder die Bank of England hat sich die EZB kein konkretes Limit für ihre Anleihenkäufe gesetzt und kann deshalb jederzeit eingreifen.

EZB im Fokus

Seit Mai hat die Zentralbank bereits rund 67 Mrd. Euro in das Programm gesteckt, mit dem laut Bundesbank-Präsident Axel Weber "erhebliche Stabilitätsrisiken" verbunden sind. Die EZB war trotz der Vorbehalte Webers auf dem Höhepunkt der Irlandkrise in der vergangenen Woche wieder verstärkt am europäischen Markt für Staatsanleihen aktiv geworden. Händler spekulieren derzeit heftig darauf, dass die Zentralbank noch rühriger wird: "Die EZB könnte weitere Staatsanleihen kaufen und sich dabei auf die Peripheriestaaten der Euro-Zone konzentrieren", sagte ein Rentenhändler bei der BayernLB. An den Märkten wurde diese Sicht offenbar schon vorweggenommen: Sollten Schuldenstaaten wie Spanien oder Portugal stärker durch EZB-Ankäufe am Sekundärmarkt gestützt werden, wäre das Aufwärtspotenzial der deutschen Papiere begrenzt, die in der Krise als sicherer Hafen gelten.

Investoren machten dieser Logik folgend am Mittwoch einen großen Bogen um deutsche Bundesanleihen. Ein Grund für die schwache Nachfrage einer fünfjährigen Anleihe sei die volatile Lage an den Finanzmärkten, sagte ein Sprecher der mit dem Schuldenmanagement des Bundes beauftragten Finanzagentur.

Trotz wachsender Zweifel an seiner Finanzkraft hat Portugal unterdessen frisches Geld von Investoren eingesammelt. Das Land platzierte Staatsanleihen mit einjähriger Laufzeit im Volumen von 500 Mio. Euro erfolgreich am Markt. Anders als in Deutschland war die Nachfrage stark: Sie übertraf das Angebot um das 2,5-Fache.

Allerdings musste Portugal dafür einen saftigen Zinssatz von über fünf Prozent hinnehmen. Die geglückte Auktion wirkte wie eine Frischzellenkur für den zuletzt unter die Marke von 1,30 Dollar gerutschten Euro, der am Mittwochnachmittag schon wieder mehr als 1,31 Dollar wert war. Die Spekulationen über eine Verstärkung des EZB-Bondprogramms haben Händlern zufolge zugleich die Ausfallversicherungen von Staatsanleihen (CDS) aus hoch verschuldeten Euroländern verbilligt.

Herabstufung erwägt

Die Ratingagentur Standard & Poor's erwägt unterdessen eine Herabstufung der "A-"-Bonitätsnote für das hoch verschuldete Portugal. Sollten sich Portugals Finanz- oder Wachstumsaussichten weiter verschlechtern, könnten die lang- und kurzfristigen Ratings abgesenkt werden, teilte S&P am Dienstagabend mit. Es sei zudem unsicher, ob das Land Hilfen der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) annehmen müsse. Weiter sei unklar, ob Privatgläubiger schlechter als öffentliche Geldgeber gestellt werden könnten. Eine Entscheidung über das Rating werde in den kommenden drei Monaten fallen.

Portugals Ministerpräsident Jose Socrates erklärte, das Land benötige keine Hilfe. Es gebe keinen Druck, ein Hilfspaket anzufordern. Zur Einschätzung von S&P wollte Socrates sich auf Anfrage nicht äußern. Nach der Hilfszusage für Irland steht Portugal im Fokus der Finanzmärkte. Befürchtet wird, dass das Land seine Schulden nicht mehr bedienen kann. Portugal gilt als potenzieller nächster Kandidat für den Rettungsschirm von EU und IWF. Die Zentralbank warnte am Dienstag vor großen Risiken für die Finanzbranche des Landes. (APA/Reuters)