Washington - Die Veröffentlichungen von geheimen US-Dokumenten auf der Internetplattform Wikileaks haben in Washington offenbar zu einem Umdenken in Bezug auf den Umgang mit sogenannten Whistleblowern (Informanten) geführt. Bisher drohen den Geheimnisträgern selbst dann Degradierung und Kündigung, wenn sie Vorgesetzte innerhalb ihrer eigenen Organisation über Missstände informieren, die als geheim klassifizierte Bereiche berühren. Diese Hinweisgeber sollen nun besser geschützt werden - offenbar in der Hoffnung, dass sie sich statt an Wikileaks an ihre Chefs wenden.

Wikileaks sicherste Variante

"Bis das Gesetz verabschiedet wird, wird Wikileaks weiterhin die sicherste Variante für Informanten sein, die keinen beruflichen Selbstmord begehen wollen", sagt Tom Devine, Direktor für Rechtsfragen der unabhängigen Organisation Government Accountability Project, das Informanten unterstützt, die meinen eine Unredlichkeit entdeckt zu haben. Das Gesetz soll noch in dieser Woche vom Senat verabschiedet werden. Anschließend muss noch das Repräsentantenhaus darüber abstimmen. Dessen Zustimmung gilt als sicher. Präsident Barack Obama hoffe, dass das Gesetz zügig verabschiedet werde, teilte ein Sprecher des Weißen Hauses mit.

Schutz von Mitarbeitern verbessern

Der Entwurf sieht einen weitgehenden Schutz von Mitarbeitern der US-Geheimdienste wie dem CIA vor, wenn sie Vorgesetzte über illegale Aktivitäten, Autoritätsmissbrauch oder Gefahren für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit alarmieren. Wikileaks und seine Informanten machen sich nach US-Recht jedoch weiterhin strafbar. Doch zum ersten Mal in der Geschichte der US-Geheimdienste dürfen Geheimnisträger Zweifel an in ihrer Agentur gefällten Entscheidungen äußern, ohne Repressionen fürchten zu müssen.

Um die Schutzrechte der Angestellten zu wahren, verpflichtet das Gesetz den Nationalen Geheimdienstdirektor zur Einrichtung einer Kommission, die alle Fälle prüft, in denen Whistleblower befürchten, dass ihnen ihre Sicherheitseinstufung entzogen wurde, weil sie ihre Stimme erhoben haben. Ähnliche Schutzrechte werden auch Angestellten anderer Regierungsbehörden eingeräumt - etwa dem Sicherheitspersonal an Flughäfen oder Verwaltungsangestellte. Sie können eventuelle Benachteiligungen auch von einem ordentlichen Gericht prüfen lassen. Darüber hinaus dürfen Angestellte fortan auch Bedenken äußern, wenn sie vermuten, dass Ergebnisse aus öffentlichen Geldern finanzierter Forschungsprojekte unterschlagen oder falsch dargestellt werden.

Prozess wegen Geheimnisverrats

Um die Notwendigkeit der geplanten Bestimmungen zu unterstreichen, hat Devines Organisation zwölf Fälle dokumentiert, in denen Vorgesetzte die Geheimhaltung von Informationen über unredliches Verhalten mit Repressionen unterdrücken wollten. Einer der Fälle ist der von Thomas Drake. Der frühere Mitarbeiter des Geheimdienstes NSA hat das Büro des Generalinspekteurs der Agentur über massiven Betrug, Verschwendung und Missbrauch in einem der Programme des Dienstes informiert. Als Dank dafür hat er nun einen Prozess wegen Geheimnisverrat am Hals. Nachdem er alle ihm intern zur Verfügung stehenden Kanäle zur Anzeige der Missstände ausgereizt hatte, habe er einen unautorisierten Kontakt zu einem Journalisten hergestellt, lautet der Vorwurf. (APA)