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Der britische Künstler Jason deCaires Taylor hat vor Cancun 400 Menschenfiguren am Meeresboden verankert und mit Korallen bepflanzt. 

Foto: EPA

Rasend ambitioniert klingt das ja nicht, was sie sich für den großen Klimagipfel in Cancun vorgenommen haben: Energietechnik in Entwicklungsländer transferieren, Schutz der Urwälder - und Hilfen für die Anpassung an den Klimawandel. Vor allem letzteres klingt wie Hohn: Wenn wir schon nichts auf die Reihe kriegen, dann helfen wir halt bei den katastrophalen Folgen. Auch auf einen Finanzierungsfond hoffte UN-Klimachefin Christiana Figueres vor dem Start der Verhandlungen - doch sogar sie selbst ist skeptisch, ob bei der Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes eine weitere Vereinbarung über die Kyoto-Ziele hinaus möglich ist.

Aber angesichts des peinlichen Debakels von Kopenhagen im Vorjahr ist man schon froh, wenn die angereisten Delegationen in Cancun wenigstens irgend etwas verbindliches beschließen können. Und wenn das so weiter geht, muss man sich langsam wirklich ernsthaft fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, diese Massenveranstaltungen gleich ganz abzublasen und wenigstens so den weltweiten CO2-Ausstoß zu reduzieren. 

Das ist nämlich ganz schön viel warme Luft, die da im wahrsten Sinn des Wortes produziert wird: Die Veranstalter schätzen, dass rund 22.000 Personen beim Klimagipfel in Cancun dabei sind - inklusive Journalisten und Umweltschützer. Andere Schätzungen sprechen sogar von 30.000. Und die fahren schließlich nicht mit dem Tretboot über den Atlantik und Pazifik oder strampeln mit dem Radl von den USA nach Mexiko. In Kopenhagen - wo nicht eine einzige wirklich verbindliche Vereinbarung beschlossen werden konnte - waren sogar 45.000 Teilnehmer an- und abgereist. Und dazu kommen noch all die vielen Vorbereitungskonferenzen, für die fröhlich in der ganzen Welt herum gejettet wird.

Einer der schärfsten Kritiker der bisherigen großen Klimakonferenzen war der heuer verstorbene ökologische Vordenker Hermann Scheer: Das heimliche Motto der Weltklimakonferenzen sei doch ohnehin nur „global reden, national bremsen", schrieb Scheer noch im Februar dieses Jahres in der Le Monde diplomatique. Die Klimadiplomatie sei längst zu „einem selbstreferenziellen System" geworden - und das faktische Ergebnis sei ernüchternd: Seit der großen „Our Common Future"-Konferenz 1990 in Norwegen seien die Treibhausgasemissionen weltweit um 40 Prozent gestiegen.

Scharf kritisierte Scheer auch grundsätzlich das System des Zertifikathandels und den dazugehörigen „Cap and Trade"-Mechanismus: Denn dieser „marktwirtschaftliche Ansatz" führe dazu, dass die Bemühungen der CO2-Reduktion weltweit auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen: „Die Summe aller globalen Klimagasemissionen ist identisch mit der Mindestverpflichtung. Dieses Minimum wird damit zum praktischen Maximum." 

Und dafür dieser immense Aufwand internationaler Großkonferenzen? Trotzdem: Die Hoffnung, dass in Cancun doch noch etwas vernünftiges herauskommt, stirbt zuletzt. (Roman David-Freihsl, derStandard.at, 1.12.2010)