Die Präsidentschaftswahlen finden in Frankreich erst im Frühling 2012 statt - doch das Rennen um den Spitzenplatz ist in vollem Gange. Auf der Rechten hat der geschwächte Präsident Sarkozy seine Regierung und die Spitze seiner Partei UMP umgebildet. Die besten Wahlchancen haben aber laut Umfragen die Sozialisten, allen voran Dominique Strauss-Kahn, derzeit Chef des Internationalen Währungsfonds. Ihm werden 24 Punkte Vorsprung auf Sarkozy eingeräumt. Auch Parteichefin Martine Aubry und die 2007 gescheiterte Ségolène Royal würden in der Stichwahl obsiegen.

Doch die Siegeschancen wecken so viele Begehrlichkeiten, dass sich die Anwärter bereits gegenseitig auf die Füße treten. An sich will die Partei ihren Spitzenkandidaten im November 2011 bei Vorwahlen bestimmen. Doch nicht einmal die Parteichefin respektiert dieses Vorgehen: Aubry sagte nach einem diskreten Treffen mit Strauss-Kahn, sie suche eine "freundschaftliche" Absprache mit ihm und Royal. Letztere spielt dabei aber nicht mit und hat Anfang der Woche bereits ihre Kandidatur erklärt.

Damit erhöht sie auch den Zeitdruck auf Strauss-Kahn, der so lange wie möglich zuwarten will, bis er seinen begehrten IWF-Job aufgibt. Royal regt implizit ein "Ticket" mit sich selbst im Elysée und Strauss-Kahn als Premier an.

Hastige Bewerbungen

Um zu verhindern, dass das Spitzentrio alles unter sich ausmacht, outen sich nun in aller Hast weitere Ambitionierte. Gestern erklärte Ex-Parteichef François Hollande, er bereite seine Kandidatur vor. Vor ihm hatten schon die Abgeordneten Arnaud Montebourg und Manuel Valls ihre Bewerbung verkündet. Ex-Premier Laurent Fabius wartet darauf, dass im Parteivolk Stimmen nach ihm rufen. Hinzu kommen drei nur lokal bekannte Bewerber.

Der Nutznießer ist klar: In einer Karikatur der Zeitung Libération zerfleischen sich die sozialistischen Schwergewichte in einem Boxkampf - während sich der im Ring wartende Sarkozy ins Fäustchen lacht. Der Präsident deutete am Mittwoch jedenfalls erstmals an, 2012 wieder kandidieren zu wollen. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2010)