Foto: Staatsoper

Wien - Es war der finale Erfolg jener verflossenen längsten Ära, die die Wiener Staatsoper je gesehen hat. Und nun, da die neue Direktion Aribert Reimanns Medea zu Recht wieder ins Repertoire gerückt hat, ist auch mit einigem zeitlichen Abstand zur seinerzeitigen Uraufführung nach wie vor erkennbar, was den Charme dieser musiktheatralen Ausgestaltung einer antiken Mythengeschichte ausmacht.

Zunächst ist es Reimann gelungen, bei aller rhythmischen Komplexität der Partitur, eine fast archaisch anmutende Unmittelbarkeit zu erzeugen, eine Intensität und Gespanntheit, die nirgends abebbt und sich auch auf die Figuren überträgt. Dies alles ist bei Dirigent Michael Boder nach wie vor in umsichtigen und Sicherheit gebenden Händen.

Dann gelang Regisseur Marco Arturo Marelli ein klarer Ansatz in puncto Personenführung, zudem einer, der Reimanns vokale Charakterisierungen der singenden Mythengestalten elegant in Gestensprache übersetzte. Schließlich Marellis Bühnenbild: Es lässt edle Penthouseatmosphäre und harte Steinlandschaft aufeinanderprallen, was einen ebenso markanten wie sinnvollen Rahmen für die Geschichte ergibt.

Auch die Besetzung war natürlich ein zentraler Aktivposten. Und der souveräne Adrian Eröd (als Jason), die packend klingende Elisabeth Kulman (als Gora) und der delikate Michael Roider (als Kreon) wirken (wie bei der Uraufführung) nach wie vor prägend. Solide unter den Neuen: Tim Severloh (als Herold) und Stephanie Houtzeel (als Kreusa).

Jederzeit auf Augenhöhe mit der Partie aber Claudia Barainsky als Medea. Sie hat zwar im Vergleich zu Marlis Petersen eine etwas schlankere, instrumentalere Stimme. Durch vokale Wendigkeit wie Sicherheit und darstellerische Intensität gelingt es ihr, die Tragödie dieser Figur so hitzig wie differenziert umzusetzen. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD - Printausgabe, 2. Dezember 2010)