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Schneesichler sind von Südamerika bis in den Süden der USA verbreitet.

Foto: AP Photo/Charlie Riedel

London - Homosexualität ist unter Vögeln ebensoweit verbreitet wie unter Säugetieren - und kommt in den unterschiedlichsten Varianten vor. Vor einigen Jahren wurde bei der Untersuchung einer Kolonie von Laysanalbatrossen (Phoebastria immutabilis) in Hawaii festgestellt, dass fast ein Drittel der Brutpaare aus zwei Weibchen bestand. Da Männchen in dieser Kolonie in der Minderzahl waren, sah dies nach einer kurzfristigen Notlösung derjenigen Weibchen aus, die in einer Saison leer ausgegangen waren - doch stellte sich heraus, dass viele dieser Weibchen in festen, über mehrere Jahre reichenden Partnerschaften lebten.

Ähnliches ist von einer Reihe weiterer Vogelspezies bekannt, seien es nun weibliche oder männliche Brutpaare. Ein gänzlicher anderer Wirkungszusammenhang wurde nun beim Schneesichler (Eudocimus albus), einem Ibisvogel, festgestellt: Hier spielt offenbar auch das Umweltgift Methylquecksilber, welches das Nervensystem und in höherer Konzentration auch die inneren Organe angreift, eine Rolle. Bei Vögeln, die experimentell über Jahre hinweg Methylquecksilber ausgesetzt wurden, kam es zu einer merklichen Zunahme von rein männlichen Brutpaaren, wie Forscher aus den USA und Sri Lanka in den "Proceedings B" der britischen Royal Society berichten. 

Experiment rekonstruiert Umweltbedingungen

Peter Frederick und Nilmini Jayasena von der Universität von Florida in Gainesville hatten Schneesichler gefangen und in großen Volieren mehr als drei Jahre mit Futter gefüttert, das mit Methylquecksilber versetzt war. Die Konzentrationen in den drei Versuchsgruppen entsprachen Dosierungen, wie sie auch in freier Wildbahn vorkommen - denn Methylquecksilber ist in der Natur leider weit verbreitet und reichert sich in Fischen, einer der Hauptnahrungsquellen der Vögel, an. Eine vierte Gruppe von Vögeln bekam schadstofffreies Futter.

Es zeigte sich, dass es in den einzelnen Kolonien mit steigender Quecksilberdosis mehr Männerpaare gab, ihr Anteil betrug bis zu 55 Prozent. Von einer solchen Auswirkung des Methylquecksilbers sei bisher nicht berichtet worden, schreiben die Forscher. In einer Kolonie wildlebender Schneesichler, die nur sehr geringen Quecksilber-Dosen ausgesetzt sei, sei über vier Brutsaisonen hinweg kein einziges homosexuelles Paar beobachtet worden.

In den drei Versuchsgruppen gab es auch insgesamt weniger Nester mit Eiern als in der Kontrollgruppe. Dies lag aber nicht allein an der Bildung homosexueller Paare, sondern auch daran, dass die heterosexuellen Paare weniger Junge bekamen. Die Forscher berichten weiter, dass die männlichen Tiere der Versuchsgruppen neben einem geringeren Aggressionslevel ein verändertes Paarungsverhalten an den Tag legten und damit insgesamt weniger weibliche Tiere anzogen. (APA/red)