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Die rote Karte für Joseph S. Blatter kann frühestens im Juni 2011 gezückt werden, wenn sich der Schweizer zum dritten Mal der Wiederwahl zum Fifa-Kapitän stellt.

Foto: EPA/ Schmidt

Am Donnerstag, gegen 16 Uhr (live in Eurosport), hat das Feilschen ein Ende. Da verkündet Joseph S. Blatter, seit mehr als zwölf Jahren Präsident des internationalen Fußballverbandes (Fifa), wer die Weltmeisterschaften 2018 und 2022, also die lukrativsten Veranstaltungen, die die Welt des Sports anzubieten hat, ausrichten darf.

Die Wahl zwischen den vier bzw. fünf Kandidaturen hat das Fifa-Exekutivkomitee zu treffen, diesmal nur 22 Mann hoch, weil zwei Mitglieder wegen Korruptionsvorwürfen im Vorfeld suspendiert wurden. Den Schluss, dass das Gremium damit immer noch nicht blitzsauber ist, legen kürzlich erhobene Anschuldigungen gegen weitere drei Herren der Exekutive nahe. Blatter ficht das nicht an. Und auch nicht, dass einer der Suspendierten, Reynald Temarii aus Tahiti, überlegt, die Wahl anzufechten, weil er und damit Ozeanien nicht mitstimmen darf.

Trotz der verheerenden Optik hat sich viel politische Prominenz in Zürich versammelt, um der eigenen Kandidatur vielleicht doch noch den entscheidenden Vorsprung zu verschaffen. Allerdings bleibt Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin der Entscheidung des seiner Meinung nach "skrupellosen" Wettbewerbs fern. Gut möglich, dass er nur nicht einer Niederlage beiwohnen will, gilt doch England als Favorit für 2018 - trotz der von der Fifa mit Empörung zur Kenntnis genommenen Enthüllungsgeschichten englischer Journalisten.

Zum letzten Mal als Funktionär nimmt Franz Beckenbauer an einer WM-Vergabe teil. Der "Kaiser" scheidet 2011 aus dem Exekutivkomitee aus. "Beim derzeitigen Zustand der Fifa wird er froh sein, wenn er diesen Verband im Mai verlassen kann", sagte Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern. Spät, aber doch hat es Beckenbauer als schweren Fehler bezeichnet, zwei Weltmeisterschaften gleichzeitig zu vergeben. Absprachen wären damit Tür und Tor geöffnet worden. Portugal und Spanien (für 2018) und Katar (2022) sollen eine solche illegale Allianz gebildet haben. Erstere gebieten auch über die Stimmen Südamerikas, Zweiteres darf sich jener aus dem arabischen Raum sicher sein.

Über die gewichtigste Stimme verfügt freilich Präsident Blatter selbst. Sollten am Ende zwei Bewerber gleichauf liegen, gebührt es dem 74-jährigen Schweizer, quasi wie im Europacup, das entscheidende Auswärtstor zu schießen. Dass die Wahl Blatters mit der nächsten Fifa-Präsidentenwahl (2011) zusammenhängen könnte, wird schon gemunkelt. (Sigi Lützow, DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 2. Dezember 2010)