Wels - Das Opfer "hegt keinen Hass und keine Ressentiments" , erwartet sich aber ein "signifikantes und richtungsweisendes Urteil" von der Justiz. Denn auch wenn der Schmerz nach dem Treffer mit einem Softgun-Projektil schnell vergangen sei, die Symbolik der Tat sei umso schmerzlicher. Der Sohn eines KZ-Häftlings hatte am 9. Mai des Vorjahres als Leiter einer französischen Delegation an der Gedenkfeier im ehemaligen KZ Ebensee teilgenommen. Im Stollen wurden er sowie weitere Teilnehmer von vier Jugendlichen mit "Sieg Heil, ihr Schweine" begrüßt und mit Softguns unter Beschuss genommen.

Wegen das Verdachts der Wiederbetätigung - es drohen bis zu fünf Jahre Haft - kamen die vier vor ein Geschworenengericht in Wels. Nach einer zweimonatigen Verhandlungspause wurde der Prozess am Mittwoch mit der Einvernahme von Zeugen fortgesetzt. Mit ernster Miene und mit den Tränen kämpfend verfolgten die Angeklagten die Aussage des Franzosen. Zwar habe er die mutmaßlichen Täter nur schemenhaft gesehen, Stechschritt undHitlergruß seien ihm aber sofort aufgefallen. Anschließend richteten sie "Waffen" auf ihn sowie auf drei weitere Besucher. Die Aktion sei seiner Meinung nach bewusst geplant und "kein Zufall" gewesen. Als Mahnung überreichte der frühere Geschichtsprofessor den Jugendlichen Bücher mit Fotos von KZ-Insassen sowie eine Broschüre, die für junge Menschen gestaltet wurde und die Erinnerung an die Nazi-Gräuel wachhält.

Man habe nur "provozieren" , die Leute "erschrecken" wollen, hatten die Angeklagten zu Prozessauftakt beteuert. Als eine nationalsozialistisch motivierte Tat sehen sie ihreStöraktion im Stollen nicht. Das Urteil stand zu Redaktionsschluss noch aus. (ker, DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2010)