Bild nicht mehr verfügbar.

In Zentrum von Brüssel wurde die belgische Ratspräsidentschaft per Projektion verabschiedet und den ungarischen Nachfolgern Glück gewünscht

Foto: EPA/NICOLAS MAETERLINCK

Budapest - Überschattet von der Debatte über sein umstrittenes neues Mediengesetz hat Ungarn am Samstag von Belgien die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. In seiner Neujahrsansprache bezeichnete der ungarische Staatspräsident Pal Schmitt die Präsidentschaft als "enorme Chance" für sein Land.

Ziel: Wirtschaftspolitiken enger abstimmen

Schmitt betonte, die ungarische Regierung sei sich der Bedeutung ihrer Aufgabe bewusst. Ungarn habe vom 1. Jänner an die Verantwortung, nicht nur das Leben der Ungarn zu verbessern, sondern auch das von Hunderten Millionen weiterer Europäer. In den kommenden sechs Monaten will sich die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban dafür stark machen, die Wirtschaftspolitiken der EU-Mitgliedstaaten enger abzustimmen. 2011 gilt als kritisches Jahr für die Europäische Union, die Instabilität des Euro und der Streit über den richtigen Weg aus der Krise haben die 27 EU-Staaten entzweit. 

Orban: EU braucht ungarische Führung

Orban hält die krisenerfahrenen Ungarn für besonders geeignet, angesichts der vielen Probleme der Europäischen Union jetzt dort eine führende Rolle zu übernehmen. "Die Ungarn sind (...) ein erprobtes und bewährtes Volk, das viele Krisen meistern konnte, weshalb ich Ihnen sagen kann, dass es eine gute Sache für Europa ist, in diesen Zeiten einen ungarischen Vorsitz zu haben", sagte Orban in einem Interview, das am Samstag auf der Homepage des Europäischen Rates erschienen ist.

Orban bekräftigte, dass die Bewältigung der Euro-Krise, die Ostpartnerschaft, die europäische Integration der westlichen Balkanstaaten sowie die Förderung der östlichen EU-Länder Prioritäten der ungarischen Ratspräsidentschaft sind.

In die Zeit der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft fällt auch der Beginn der komplizierten Verhandlungen über das EU-Budget der Jahre 2014-2020. Weiterer Streit ist bei der Frage einer Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum abzusehen, in dem rund 400 Millionen Bürger ohne Passkontrollen reisen können. Beide Länder hoffen auf einen Beitritt im März 2011, Deutschland und Frankreich halten dies aber für verfrüht und haben ihr Veto angekündigt.

Weiteres Ziel: Integration der Roma in Europa

Ein weiteres wichtiges Thema auf der Agenda ist die Integration der Roma in Europa. Im Mai steht in der ungarischen Hauptstadt Budapest zudem das zweite Gipfeltreffen der Ost-Partnerschaft zwischen der EU und den ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Weißrussland bevor.

Weiter für Diskussionen dürfte das ungarische Mediengesetz sorgen, das von Präsident Schmitt bereits unterzeichnet wurde und international als Angriff auf die Pressefreiheit kritisiert wird. Regierungssprecherin Anna Nagy sagte in der Silvesternacht in Budapest laut der ungarischen Nachrichtenagentur MTI, die "Missverständnisse" würden geklärt werden, sobald die Kritiker den Gesetzestext gelesen hätten. Bisher hätten die Kritiker aufgrund unvollständiger Informationen über das Gesetz geurteilt. Der Gesetzestext liege noch nicht in englischer Übersetzung vor.

Mediengesetz trat in Kraft

Das am Samstag in Kraft getretene Mediengesetz stellt alle Fernseh- und Rundfunksender, Printerzeugnisse und Internetportale unter die Kontrolle der von der konservativen Regierungspartei Fidesz kontrollierten Medienbehörde NMHH. Medien drohen drakonische Strafen von bis zu 720.000 Euro, wenn sie gegen die nicht eindeutig formulierten Vorschriften des Gesetzes verstoßen. Alle ungarischen Oppositionsparteien wollen gegen das Gesetz klagen. Die rechtskonservative Regierung verfügt im Parlament über eine Zwei-Drittel-Mehrheit. (APA/AFP/dpa)