Wenn die ÖIAG weiterbestehen wolle, dann müsse sie sich deutlich von der bisherigen "Michaelis-ÖIAG" unterscheiden, meint man in der SPÖ.

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Wien - Die Suche nach einem neuen Chef der ÖIAG geht in die Endphase. Am Montag tagte der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats der Staatsholding, am heutigen Dienstag soll das Plenum des Kontrollgremiums die Entscheidung fällen. Die SPÖ, die lange für eine Abschaffung der ÖIAG plädiert hatte, gibt sich in Bezug auf die Personalie offen, pocht aber auf eine Wahl, die ihren industriepolitischen Vorstellungen entgegenkommt.

"Es muss jemand sein, der nicht nur eine Abverkaufsholding will, weil das wollen wir nicht", sagte SP-Staatssekretär Andreas Schieder im ORF-Morgenjournal am Montag. "Ich glaube, es muss natürlich jemand sein mit einer starken Erfahrung in der Industrie und im Wirtschaftsleben." Wenn die ÖIAG weiterbestehen wolle, dann müsse sie sich deutlich von der bisherigen "Michaelis-ÖIAG" unterscheiden, meint man in der SPÖ.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner will eine "integrative Persönlichkeit", weil "hier ja doch in Österreich, was insbesondere die Weiterentwicklung der ÖIAG anbelangt, teilweise noch unterschiedliche Meinungen vorhanden sind".

Das Interesse an dem Posten soll rege sein, rund 40 Manager haben sich um den Job beworben. Als Favoriten werden Ex-Telekom Austria-Chef Boris Nemsic und IV-Generalsekretär Markus Beyrer gehandelt. Auch der scheidende OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer gilt als aussichtsreicher Kandidat. Wie bei Beyrer ist bei Ruttenstorfer offiziell aber nicht bekannt, ob er sich um den Posten beworben hat. 

"Staatsholding neu soll aus ÖIAG kommen"

Der künftige ÖIAG-Chef dürfte sich sein neues Aufgabengebiet gutteils selbst erarbeiten. Das Konzept der ÖIAG neu - inklusive Aussagen zu den künftigen Beteiligungen, genereller Ausrichtung und Haltung zur Privatisierung - "soll aus dem Unternehmen selbst kommen, zunächst vom Vorstand und dann auch vom Aufsichtsrat", sagte Finanzminister Josef Pröll. Die anstehende Personalentscheidung treffe nicht er, sondern "der sich selbst erneuernde unabhängige Aufsichtsrat" der Holding.

Weil eine Neuausrichtung aber eine Reform des ÖIAG-Gesetzes erfordern und in die Kompetenzen bestehender Ministerien eingreifen würde, erwarten Beobachter, dass sich Pröll für die Entscheidung auch den Koalitionspartner an Bord holen muss.

Nachdem sich die SP lange für eine gänzliche Abschaffung ausgesprochen hatte - Verkehrsministerin Doris Bures erst in der vergangenen Woche -, ließ Staatssekretär Andreas Schieder am Montag Kompromissmöglichkeiten anklingen: "Es muss jemand sein, der nicht nur eine Abverkaufsholding will, weil das wollen wir nicht", sagte er im ORF-Radio.

Kritik

Seit dem ÖIAG-Gesetz der ersten schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 hat die SPÖ Ausrichtung und Struktur der Staatsholding heftig kritisiert, namentlich ihren Schwerpunkt auf Privatisierung und die Konstruktion des Aufsichtsrats, mit der sich das Gremium immer wieder aus sich selbst erneuern kann. Dies bedeutet, dass die Entscheidungen nicht in der Regierung/im Finanzministerium, sondern von Industriellen/Managern in der Privatwirtschaft getroffen werden.

Während die SP eine aktive ÖIAG und auch ein Ende der Privatsierungen will, kann man sich in der VP nicht vorstellen, auf die Privatisierung der restlichen Anteile ganz zu verzichten. Auch von Änderungen bei den Aufsichtsratsbestellungen will die VP nichts wissen - dies wäre ihrer Meinung nach eine "Repolitisierung". Auch die seit langem diskutierte Ausgliederung von Anteilsverwaltungen aus den Ministerien (Verkehr, Wirtschaft) dürfte auf Widerstand der betroffenen Ressortschefs stoßen. (APA)