Die Allüren von Wikileaks-Gründer Julian Assange nervten ihn, jetzt kontert er mit einem Buch und einer neuen Whistleblower-Plattform: Daniel Domscheit-Berg.

Foto: Greenpeace

Noch finden sich auf der vergangene Woche online gegangenen Website Openleaks.org wenig Neuigkeiten, schon gar keine brisante Enthüllungen geheimer Dokumente aus Politik, Militär oder Wirtschaft - wie sie von Wikileaks in den vergangenen Jahren immer wieder mit großem Echo hinausposaunt wurden. Auch geheime Mitteilungen per Telefon unter der auf der Seite angegebenen Berliner Nummer waren am Montag nicht möglich, da nur ein Tonband antwortete.

Zu Jahresende voll funktionsfähig

Daniel Domscheit-Berg will es langsam angehen mit der neuen Whistleblower-Plattform, die erst zu Jahresende voll funktionsfähig sein soll. Will Fehler, die Wikileaks in seinen Augen gemacht hat, vermeiden. Ein wichtiges Stichwort: Transparenz. Zum Beispiel mehr Transparenz, was Entscheidungen innerhalb der neuen Organisation anbelangt. Schließlich war es die von Wikileaks-Gründer Julian Assange vorgebene autoritäre Struktur, die dazu führte, dass der unter dem Pseudonym "Daniel Schmitt" agierende Ex-Sprecher der Plattform Ende September den Rücken kehrte.

Ungewollt oder - gewollt ist der 33-jährige Journalist jetzt das Aushängeschild von Openleaks. Sein Buch Inside Wikileaks, das am 11. Februar erscheint, dürfte ihn noch bekannter machen. Darin will er über seine Zeit bei der Enthüllungsplattform und sein Zerwürfnis mit Assange berichten.

Zu viel gleichzeitig

Wikileaks habe zu viel gleichzeitig sein wollen, erklärte Domscheit-Berg in einem der vielen Interviews, die er in den vergangenen Wochen gab. Daraus habe er gelernt: "Versuche nicht, alles mit einer Plattform abzudecken, von Einreichungen, Schutz der Quelle bis zur Dokumentation des Dokuments", erzählte er dem deutschen Blogger Richard Gutjahr in einem Videointerview. "Das wollen wir vermeiden. Wir wollen nur die Technik anbieten, die Quellen schützt. Diese Technik steht dann allen zur Verfügung, die sich dafür interessieren."

Whistleblower deponieren in sicheren elektronischen Openleaks-Briefkästen Informationen und Dokumente und bestimmen Domscheit-Berg zufolge selbst, welchem Medium sie zukommen sollen. Diesen obliegt es dann auch, die Richtigkeit des Materials zu überprüfen.

Keine Angst vor Blockaden

Angst, dass die neue Plattform wie Wikileaks auch eines Tages die Daumenschrauben der Macht zu spüren bekommt, indem Server und Konten gesperrt werden, hat der Aktivist nicht. Man arbeite in einem großen Verbund mehrerer Organisationen, das Risiko sei verteilt. Wer die Partner sind, verrät Domscheit-Berg noch nicht. Wikileaks-Gründer Assange hat indessen mit der Veröffentlichung einer Flut geheimer Dokumente gedroht, sollte das Enthüllungsportal von irgendeiner Seite dauerhaft gesperrt werden. (kat/ DER STANDARD Printausgabe, 1. Feburar 2011)

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