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US-Terrorfahnder können mehr sehen als bisher angenommen.

Foto: Reuters

Das transatlantische Bankdatenakommen Swift gewährt den USA tiefere Einblicke als bisher angenommen. Wie die Financial Times Deutschland (FTD) unter Berufung auf die EU-Kommission berichtet, können die USA auf Überweisungen von einem EU-Land in ein anderes zugreifen, wenn sie über das System "Swiftnet Fin" erfolgen. Auch ein Sprecher des Finanzdienstleisters Swift habe dies bestätigt.

Nur Sepa-Daten geschützt

Mit dem Abkommen geschützt seien nur jene Daten, die über den 2008 eingeführten einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum ("Sepa"; erkennbar an der Verwendung von IBAN und BIC, Anm.) laufen. Swift habe im Jahr 2010 aber noch monatlich 200 Millionen Transaktionen in der Region Europa/Naher Osten/Afrika über Swiftnet Fin abgewickelt. Um die Transaktion nach Sepa-Standard ablaufen zu lassen, müssten ihn Absender- und Empfängerbank einführen. Kleinere Institute und Sparkassen täten sich aber schwer mit der komplexen und teuren Umstellung, die laut EU bis 2013 erfolgen soll.

Wie viele Überweisungen von einer Weiterleitung der Daten betroffen sind, ist unklar. Die Daten könnten nach Freigabe durch Europol und einen EU-Kontrolleur an die USA weitergegeben werden.

Die US-Behörden prüfen Geldströme unter dem im Juni 2010 geschlossenen Swift-Vertrag auf mögliche Terrorfinanzierung. Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums bestätigte der FTD den möglichen Datentransfer. Dieser betreffe aber nur Ausnahmen wie Großbetragszahlungen von Bank zu Bank oder so genannte Blitzüberweisungen.

"Untragbarer Zustand"

Entdeckt hat die Datenlücke der österreichische EU-Parlamentarier Martin Ehrenhauser (fraktionslos; kandidierte auf der Liste Hans-Peter Martins, Anm.). Auf seine Anfrage hin hatte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström die Differenzierung zwischen Sepa- und Swiftnet-Fin-Daten angedeutet.  Ehrenhauser sieht nun eine zentrale Auflage Europas für das Swift-Abkommen gebrochen. "Die Bedingung der EU, dass innereuropäische Überweisungen ausgenommen sind, ist nicht erfüllt. Der Massendatentransfer muss daher wieder gestoppt und die Verhandlungen neu gestartet werden."

Von einem "untragbaren Zustand" spricht auch der Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Jörg Leichtfried. Er fordert das sofortige Aussetzen des Swift-Abkommens und will "Nachverhandlungen, um den Datenschutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger gewährleisten zu können".

Für den FP-EU-Abgeordneten Franz Obermayr zeigt sich nun "das Ausmaß, in dem europäische Bürgerrechte tatsächlich verraten und verkauft wurden". Die EU habe nun dringenden Handlungsbedarf, der Einsatz des Sepa-Standards müsse mit allen Mitteln vorangetrieben werden, "um wenigstens innereuropäische Finanztransaktionen zu schützen".  (red, derStandard.at, 1.2.2011)