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New York bei Nacht: Mit dem Anwachsen der Millionenmetropolen wird deren Stromversorgung zur Herausforderung für die Forschung.

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Gleichzeitig gibt es globale Bestrebungen, die Energieversorgung der kommenden Megacitys auf nachhaltige Beine zu stellen. Das Konzept der "Smart City" rückt damit in den Fokus der Forschung.

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Coruscant heißt der Planet, der nicht nur das Zentrum des Star Wars-Universums, sondern auch eine einzige riesige Stadt ist. Eine "Makropole" , mit, je nach Angabe, bis zu einer Billion Einwohner. Die geistigen Urheber dieses "Stadtplaneten" mussten sich keine Gedanken machen über jene Probleme, die reale Megacitys irdischen Städteplanern, Politikern und Forschern bereiten.

Zersiedlung, Verkehrsexplosion, Migration, soziale Segregation, aber auch Fragen einer ökologischen und sicheren Energieversorgung gehen mit dem unaufhaltsamen Wachstum der Ballungszentren einher: Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute bereits in Städten, 2050 werden es Prognosen zufolge schon 70 Prozent sein. Besonders starken Zulauf sollen vor allem Megastädte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern haben.

Die Stadt soll mitdenken

"Die Herausforderung ist, Städte als große Energieverbraucher zu verstehen und in weiterer Folge den Energieeinsatz zu optimieren" , sagt Brigitte Bach, Leiterin des Energie Departments am Austrian Institute of Technology (AIT). Das betrifft thermische ebenso wie elektrische Netze und Gebäudeoptimierung oder das am AIT beforschte Konzept "Building to Grid" : ein Gebäude wird selbst aktiver Spieler in den genannten Netzen, es erzeugt Strom und Wärme mittels Fotovoltaik bzw. Solarthermie.

"Unser Ziel sind sogenannte Smart Citys" , sagt Bach, deren Abteilung sich schwerpunktmäßig mit der elektrischen Energieinfrastruktur und Energie für die gebaute Umwelt befasst. "Es geht dabei um die Frage, wie Gebäude voneinander abhängen, wie man ein umfassendes Energiemanagement darstellen kann."

Der Begriff Smart City ist auch zentral verankert im Strategischen Energie-Technologie-Plan (Set-Plan, siehe Wissen) der Europäischen Kommission, "eines der zentralen europäischen Projekte, die Energieforschung zu lenken" , wie Bach erklärt. Ein wesentlicher Hintergrund des Set-Plans sind die Klima- und Energieziele, welche sich die Europäische Union bis zum Jahr 2020 gesetzt hat (bezogen auf die Werte von 1990): Steigerung der Energieeffizienz um mindestens 20 Prozent, Reduktion des CO2-Ausstoßes durch den Einsatz neuer Technologien um 20 Prozent und die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf ebenfalls 20 Prozent am Gesamtverbrauch.

Letzteres stellt eine besondere Herausforderung für das Energiemanagement, gerade in Städten, dar. Denn Wind- und Sonnenenergie unterliegen natürlichen Schwankungen und liefern einmal mehr und einmal weniger Strom. "Smart Citys könnten die Aufgabe übernehmen, diese Schwankungen auszugleichen und damit zur Energieeffizienz beizutragen" , sagt Bach. "Basis dafür sind wiederum intelligente Netze, sogenannte Smart Grids, und Technologien, aber auch neue Geschäftsmodelle."

Kaum diskutiert wurde bisher die langfristige Energieplanung in Städten, ergänzt Bach: "Es geht zum Beispiel darum, zu eruieren, welche Ressourcen in welchen Gebieten zur Verfügung stehen oder wie gebaut werden soll." Größte Metropole der Welt ist momentan Tokio mit 36,7 Millionen Einwohnern (zum Vergleich: In Wien leben rund 1,7 Millionen Menschen). Aber Tokio soll bald Konkurrenz bekommen: Laut Medienberichten sollen in den kommenden sechs Jahren im Perlflussdelta im Süden Chinas neun Städte zu einer einzigen zusammenwachsen (siehe Karte). 42 Millionen Einwohner soll die Megastadt beherbergen, 41.440 Quadratkilometer groß sein.

"China ist wie ein Labor"

Der in China anhaltende Trend zur Urbanisierung - bis 2025 wird das Land 221 Riesenstädte mit mehr als einer Million Einwohner haben - fasziniert auch Bach: "In China passiert Stadtentwicklung sehr schnell. Wir sehen dort sehr rasch, welche Maßnahmen Resultate erzielen. Es ist wie ein Labor." Sie spricht damit die seit vergangenen Oktober laufende Kooperation mit der Stadt Nanchang an. Diese soll nach dem Willen der chinesischen Regierung eine nachhaltige Metropole mit geringen CO2-Emissionen, eine Low Carbon City, werden. Das AIT arbeitet mit lokalen Gruppen an einer Road Map. Noch in diesem Sommer sollen konkrete Projekte besprochen werden - Siedlungsentwicklung, Mobilität, Einsatz erneuerbarer Energien.

"Je größer die Stadt, desto schwieriger ist es, diese lokal mit erneuerbaren Energien zu versorgen" , sagt Bach. Die verfügbare Fläche sei bei einer dicht verbauten Stadt im Verhältnis zum Energieverbrauch recht klein - im Unterschied zu einem Dorf, wo man kleine Häuser habe, wenige Menschen und viel Dachfläche, wo man beispielsweise Fotovoltaikkollektoren installieren könne, sagt sie und ergänzt: "Je größer die Stadt, desto komplexer werden die Aufgaben der Verteilung, das Management etc. Es ist lösbar, aber es ist gleichzeitig viel schwieriger umzusetzen." (Markus Böhm/DER STANDARD, Printausgabe, 02.02.2011)

=> Wissen: Energietechnologie nach Plan

Wissen: Energietechnologie nach Plan

Der Strategische Energie-Technologie-Plan (Set-Plan) der Europäischen Kommission soll die sichere Energieversorgung Europas gewährleisten. Als Werkzeug zur raschen Markteinführung neuer Energietechnologien ist dabei die Umsetzung von Demonstrationsprojekten mithilfe europäischer Industrieinitiativen vorgesehen, für die, bezogen auf die kommenden zehn Jahre, ein Investitionsvolumen von 70 Milliarden Euro bereitsteht. Diese Investitionen, die in Form von Public-Private-Partnerships getragen werden sollen, sollen den Set-Plan zu einem wichtigen Pfeiler der europäischen Technologiepolitik machen.

Die erste Ausschreibung durch die Kommission soll im Sommer 2011 erfolgen, dabei soll die Einbindung der Stakeholder im Mittelpunkt stehen. Mit dem Förderprogramm "Smart Energy Demo - Fit for Set" will der Klima- und Energiefonds des Lebens- und Verkehrsministeriums österreichische Energieinnovationen dafür tauglich machen. Die erste Ausschreibungsstufe des Projekts läuft noch bis Ende März 2011. (max)