Gut 100 Millionen Einwohner auf rund einem Fünftel der EU-Fläche, "ein extrem hohes Potenzial und viele junge Menschen, die hungrig nach Bildung sind" - so beschreibt Martin Gerzabek, Rektor der Universität für Bodenkultur (Boku), den Donauraum. Die Boku, mit Life-Sciences-Kooperationen schon jetzt gut vernetzt mit mittel- und südosteuropäischen Unis, setzt auf die EU-Donauraumstrategie, um weitere Forschungsnetzwerke zu knüpfen - und nicht zuletzt neue Fördertöpfe anzuzapfen. Noch wird an der Strategie gefeilt, die neue Dynamik in die Region bringen soll.

"Die historischen Beziehungen zu den wissenschaftlichen Einrichtungen sind nie wirklich abgerissen" , sagte Gerzabek vergangene Woche beim Forum "Austria Goes International" in Wien. "Das akademische Netzwerk kann daher auch als Trägermedium für wirtschaftlichen und kulturellen Austausch dienen."

Der Donauraum und die weiter im Osten anschließende Schwarzmeerregion waren die geografischen Schwerpunkte des zweiten Forums zur Internationalisierung der heimischen Wissenschaft und Forschung, zu dem ÖVP-Wissenschaftssprecherin Katharina Cortolezis-Schlager geladen hatte. Teil der Initiative ist auch die Entwicklung einer "Wissenslandkarte" , die Wissenschaftern und potenziellen Wirtschaftspartnern einen Überblick über die bereits bestehenden österreichischen Forschungskooperationen rund um den Globus verschaffen soll. An einem entsprechenden Online-Tool wird laut Cortolezis-Schlager derzeit gearbeitet.

"Der Aufbau von Forschungskapazitäten - nicht im Sinne von Entwicklungshilfe, sondern aus Eigeninteresse - bedarf Nachhaltigkeit und eines langen Atems" , betonte Barbara Weitgruber, Sektionschefin für wissenschaftliche Forschung und internationale Angelegenheiten im Wissenschaftsministerium. Noch ist der Austausch - gerade, was die Mobilität von Studierenden betrifft - relativ einseitig:Weitaus mehr Stipendiaten kommen aus dem Donau- und Schwarzmeerraum nach Österreich als umgekehrt.

"Wanderjahre"

Dieses ungleiche Verhältnis könnten gemeinsame Curricula mehrerer Unis beseitigen, meint Cortolezis-Schlager. "Die Studenten sollen da und dort studieren können und wie im Mittelalter Wanderjahre absolvieren. Aber nicht, um Punkte zu sammeln, sondern Inhalte."

Für rasches Anwerben von EU-Mitteln aus dem 7. Rahmenprogramm, die noch längst nicht ausgeschöpft sind, plädierte Erhard Busek, Präsident des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM). "Wir sollten uns unter Zugzwang stellen und uns auf bestimmte grenzüberschreitende Projekte konzentrieren, etwa was ökologische Gesichtspunkte betrifft" , forderte Busek.

Die EU-Programme zur Vernetzung der europäischen Forschungslandschaft stellen für das außeruniversitäre Zentrum für soziale Innovation (ZSI) eine "Erfolgsgeschichte" dar, wie Elke Dall, Leiterin des Bereichs Forschungspolitik und Entwicklung am ZSI erläutert:"Von Südosteuropa aus hat unsere Internationalisierung begonnen." Das Forschungszentrum, das eine Reihe von EU-Projekten in der Region koordiniert, hat in einer Studie ermittelt, was die größten Barrieren für eine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Erweiterungsländern bzw. Drittstaaten sind. "Die Verfügbarkeit von Equipment und Forschungsinfrastruktur ist noch ein Problem. Auch fehlt es an Knowhow, wie die Bürokratie in Brüssel tickt" , sagt Dall. "Mit gemeinsamen Ausschreibungen ändert sich das aber." (kri/DER STANDARD, Printausgabe, 02.02.2011)