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"Man hat mir abgeraten, darüber zu schreiben, und natürlich kenne ich Dagmar lange genug, um zu wissen, was mich erwartet, wenn nur etwas von dem, was ich über sie in die Welt setze, anfechtbar ist." So beginnt Norbert Gstreins Roman "Die ganze Wahrheit". Hauptfigur und Ich-Erzähler ist Wilfried, Lektor eines Wiener Kleinverlags, der sich nach dem Tod des Verlegers Heinrich Glück einen erbitterten Kampf um die Erinnerung an den Verstorbenen mit dessen Witwe Dagmar liefert. Diese hat nämlich ein Manuskript über das Sterben ihres Mannes verfasst und beansprucht darin die ganze Wahrheit für sich.

Die Gegendarstellung, die Version des Lektors, ist das vorliegende Buch, das im Hanser-Verlag erschienen ist. Vergangenen Sommer wurde Gstreins Roman vom deutschen Literaturbetrieb mit Hochspannung erwartet. Man erhoffte sich einen Schlüsselroman, ein Enthüllungsbuch, das Einblicke in Intrigen und interne Machtkämpfe bei Suhrkamp gibt, die seit dem Tod des Buchpatriarchen Siegfried Unseld das nach Berlin übersiedelte Frankfurter Verlagshaus beuteln. Der gebürtige Tiroler Norbert Gstrein selbst ist in Unfrieden aus dem Suhrkamp-Verlag ausgeschieden. Er lebt und arbeitet zurzeit in Hamburg und liest am Mittwoch im Literaturhaus am Inn aus seinem Roman. (dns/DER STANDARD, Printausgabe, 2. 1. 2011)