Hände auf den Tisch, es wird nicht mehr gerauft: Friedensschluss zwischen Vizekanzler Pröll (links) und Kanzler Faymann.

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Wien - Es herrscht wieder Ruhe im Land. Seit sich die Koalition Montagnacht darauf geeinigt hat, bis Ende des Monats einen gemeinsamen Entwurf für eine Sicherheitsstrategie vorzulegen, ist vorerst die dicke Luft in der Regierung wieder heraußen.

Amikal sei das Gespräch darüber verlaufen, sagte ein erleichterter Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Dienstag nach dem Ministerrat. "Ich sehe die Differenzen, die dort zur Sprache gekommen sind, weder als unüberwindbar noch als Gefährdung eines Ergebnisses", sprach Faymann. Er orte eine Annäherung.

Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) blieb seinem "Pferde-Wortbild" der letzten Tage treu - nur: Er sei froh, dass das Pferd nun endlich "von vorne aufgezäumt" werde. Brandherde wie in Ägypten dokumentierten, dass es neue Herausforderungen gebe. Man müsse zunächst definieren, was das Bundesheer in welchem Ausmaß zu leisten habe.

"Das Heer reduzieren"

"Warum muss sich das Bundesheer eigentlich um den Katastrophenschutz kümmern?", fragt in diesem Zusammenhang Arno Truger nach. Truger ist Friedensforscher und Mitbegründer des europäischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung im burgenländischen Schlaining. Truger im Standard-Gespräch: "Schon allein aus Effizienz- und Kostengründen würde ich den Katastrophenschutz außerhalb des Heeres organisieren, etwa mit den Feuerwehren. Es geht auch ohne Heer. Denn: Warum muss jemand, der im Katastrophenschutz tätig ist, auch mit der Waffe umgehen können und über Strategie und Taktik der Kriegsführung Bescheid wissen?" Das Bundesheer sollte nach Ansicht des Friedensforschers auf den reinen militärischen Komplex reduziert werden. Truger: "Es stört mich auch, dass bei allen neuen Sicherheitsbedrohungen immer nur vom Heer die Rede ist. ,Cyberwar' zum Beispiel. Warum ist das eine militärische Frage?" Truger schlägt vor, dass bei der Konzipierung von Sicherheitskonzepten, aber auch bei internationalen Operationen des Heeres, künftig grundsätzlich NGOs miteingebunden werden sollten.

Derartige Zukunftsüberlegungen spielen in der gegenwärtigen Diskussion in der Koalition aber keine Rolle. Auch wenn Rot und Schwarz in der Sicherheitsfrage nun Eintracht predigen, bleiben zumindest Risse, was den Zeitplan betrifft. Während die ÖVP vorerst nur über die neue Sicherheitsstrategie reden will, um erst danach über die Wehrpflicht zu verhandeln - sprich: auf Zeit zu spielen -, hält Darabos weiter an seinem Plan fest, bis Mitte des Jahres zu einem Ergebnis zu kommen. Dann, sagte der Verteidigungsminister, sei auch eine Volksbefragung "denkbar" - so es nicht schon vorher zu einer politischen Einigung komme, schränkte er ein. Bei ÖVP-Verhandler Michael Spindelegger hört es sich anders an. Vor Einleitung eines Volksentscheides müssten alle Vorarbeiten für eine Heeresreform beendet sein.

Heeresintern bleibt Darabos weiter stark unter Beschuss. Die Milizverbände sprechen sich in einem offenen Brief dafür aus, "die Amtsfähigkeit" des Ministers parlamentarisch zu überprüfen. Der Minister habe sich auch international "zum Gespött" gemacht.(Peter Mayr, Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2011)