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Philip Rizk (28), Sohn einer Deutschen und eines Ägypters, ist regierungskritischer Blogger und Filmemacher. Rizk lebt und studiert derzeit in Kairo. 2009 wurde er nach einer Demonstration für die Palästinenser am Gazastreifen von ägyptischen Beamten verschleppt.

Foto: AP/dapd/Amr Nabil

Der deutsch-ägyptische Blogger Philip Rizk stand gerade inmitten der Demonstranten auf dem Tahrir-Platz, als er mit Julia Herrnböck über Vernetzung und Mobilisierung ohne Internet sprach.

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STANDARD: Welche Kommunikationskanäle sind noch nutzbar?

Rizk: Das Internet geht seit Dienstag überhaupt nicht mehr. Handys funktionieren noch, sollen aber auch abgedreht werden. Die Leute mit internationalen Verbindungen können noch twittern.

STANDARD: Wie vernetzen sich die Demonstranten untereinander?

Rizk: Telefone funktionieren noch. Und seit Freitag ist der Tahrir-Platz besetzt, es wird einfach von einer Person an die nächste weitergesagt. Die Mobilisierung hat nicht so viel mit Internet und Twitter zu tun, sondern einfach damit, dass alle Ägypter genug haben von dieser Regierung.

STANDARD: Welche Auswirkung hat die Sperre von Al-Jazeera?

Rizk: Es ist nicht so, dass die Leute jetzt Staatsfernsehen schauen und alles glauben. Also haben sie gar keine oder viel weniger Informationen. Ich konnte den Empfangscode ändern und sehe immer noch Al-Jazeera.

STANDARD: Gibt es für die Demonstranten eine Alternative zum geforderten Rücktritt Mubaraks?

Rizk: Ganz sicher nicht. Die Massen lassen ihre Wut und ihre Frustration auf Mubarak raus. Es gibt überhaupt nichts, was ihn jetzt noch retten kann. Nur wenn die Armee extreme Gewalt ausübt, würden die Leute hier weggehen.

STANDARD: Wie empfinden Sie die internationalen Reaktionen?

Rizk: Wenn der Westen von Demokratie redet, ist es exakt das, was ich hier sehe. Es ist unglaublich, wie friedlich die Masse seit Freitag marschiert, das habe ich nirgends erlebt. Aber wir spüren, dass uns die anderen Länder nicht unterstützen - weder die EU noch die Amerikaner.

STANDARD: Gab es nach Ihrer Verhaftung 2009 noch Nachwehen?

Rizk: Nein, dank der Berichterstattung überhaupt nicht. Es ist völlig normal, was mir passiert ist. Dass ich nur vier Tage entführt worden bin, war eine Ausnahme, andere sind viel länger verschwunden.

STANDARD: Haben Sie das Gefühl, Sie werden überwacht?

Rizk: Kann sehr gut sein, aber das ist nichts Ungewöhnliches. Wir wissen, dass sie uns abhören. Das darf uns nicht einschränken. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2011)