Die Anpassung an die Realität erfolgt beim ägyptischen Regime in kleinen Schritten. Das Traurige an der Erklärung von Hosni Mubarak, dass er auf eine neuerliche Kandidatur beim routinemäßigen Präsidentschaftsplebiszit im September verzichten wird, ist, dass sie quasi bestätigt, dass dies - zumindest theoretisch - tatsächlich noch eine Option war. Wie es Mubarak-Lakaien ja auch immer wieder versicherten. Ein schwer kranker 82-Jähriger sieht nach 30 Jahren Präsidentschaft ein, dass es Zeit ist loszulassen. Dieses wahrhaft jenseitige Versprechen Mubaraks wird bei den Demonstranten vielleicht nicht nur Erleichterung, sondern auch Wut auslösen.

Dennoch, man sollte es als das nehmen, was es ist: der Rückzug. Aus geplanten Übergangsjahren unter Regimekontrolle sind bereits Übergangsmonate geworden, und sie werden weiter schrumpfen. Die ägyptische Armee und die amerikanische Regierung fungieren dabei offenbar als koordinierter schallgedämpfter Lautsprecher direkt vom Tahrir-Platz in den Präsidentenpalast - und das ist ja wohl das erstaunlichste neue Element bei einer Revolution im Nahen Osten.

Nun kann man nur hoffen, dass niemand die Nerven verliert, dass keiner am falschen Platz zur falschen Zeit falsch reagiert. Dass es Kräfte gibt, die jeden Spalt im Gemäuer nützen, um sich festzukrallen und aus jedem Fest ein Begräbnis zu machen, ist keine Erfindung von Alarmisten. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2011)