Frauenhäuser und viele ExpertInnen warnen seit Monaten vor den Gefahren, die auf Frauen und Kinder zukommen werden, wenn es zu einer Verschärfung des Obsorgegesetzes kommen sollte. Aber alle diese Befürchtungen wurden nicht ernst genommen, kritisiert Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser. "Ganz im Gegenteil, der seit letzter Woche vorliegende Gesetzestext ist noch frauen- und kinderfeindlicher ausgefallen als erwartet." Der Entwurf zum Kindschaftsänderungsgesetz 2012 löse keine Probleme, er fördere sie und sogar Gewalt.

"Dieses Gesetz ist einer der größten Rückschritte für die Frauenhaus- und Opferschutzarbeit", betont Rösslhumer hinsichtlich des Plans, Mütter zu bestrafen, wenn sie den Kontakt der Kinder mit den Vätern verweigern. "Im Fall von Gewalt ist das eine Katastrophe." Seit mehr als 30 Jahren unterstützen die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser Frauen und deren Kinder auf dem Weg in ein gewaltfreies Leben. Für sie ist es tägliche Realität, dass Frauen die von Gewalt betroffen sind die alleinige Obsorge meist erkämpfen müssen. Sie sind verpflichtet ihre eigenen Gewalterfahrungen und die der Kinder zu beweisen. Oft werden sie erst durch die Unterstützung der Frauenhausmitarbeiterinnen bei Gericht und bei der Jugendwohlfahrt zum ersten Mal ernst genommen. Wird Frauen nun auch noch gedroht gerichtlich bestraft zu werden, obwohl sie eigentlich ihre Kinder schützen wollen, ist das unhaltbar.

"Gewalt kommt mit keinem Wort vor"

Am empörendsten ist für Rösslhumer, "dass Frau Justizministerin Bandion-Ortner nicht einmal das gewaltfreie Aufwachsen der Kinder wichtig ist, und das, obwohl sie laufend in den Medien betonte, wie wichtig ihr das Wohl der Kinder sei und dass Gewalt an Frauen und Kindern 'selbstverständlich' ein Ausschließungsgrund bei der Obsorge sein werde. Aber Gewalt kommt mit keinem Wort vor und es gibt auch keinen eigenen Paragrafen oder Absatz, der sich explizit mit dieser wichtigen Problematik auseinandersetzt. Mit dieser Ignoranz haben wir nicht gerechnet."

Gemeinsame Obsorge für unbekannte Väter

Skandalös sei darüber hinaus, dass nun auch bei nicht verheirateten Paaren Väter ein Antragsrecht auf eine gemeinsame Obsorge für Kinder erhalten sollen - egal ob sie ihre Kinder jemals gekannt haben, sich je um sie gesorgt haben oder nicht. Und das obwohl dies der Europäische Gerichtshof für Menschrechte in seinem Urteil nicht verlangt. Er fordert lediglich eine gerichtliche Einzelfallprüfung, aber nicht das Recht auf gemeinsame oder "automatische" Obsorge (wie nun für geschiedene Eltern vorgesehen).

Nicht länger ignorieren

"Dieses Gesetz fördert Gewalt an Frauen und Kindern. Geschiedene Eltern streiten bereits heute oft über Obsorge, Besuchsrecht und Informationspflicht. Künftig wird es wohl mehr Streitpunkte als bisher geben", meint Rösslhumer. Die von der Justizministerin Bandion-Ortner geplante Reform der Obsorge trage nicht zur Entschärfung von Konflikten zwischen Eltern bei." Im Gegenteil, das geplante Gesetz fördert Auseinandersetzungen und dies ist für Frauen, die von Gewalt durch ihren Partner betroffen sind, verhängnisvoll. Wir fordern daher Ministerin Bandion-Ortner auf, die mehrmals in den Arbeitskreisen geäußerten Bedenken nicht weiter zu ignorieren." (red)