Wien - Strom und Gas haben sich 2010 für die Haushalte zwar nicht verbilligt, aber nur wenig zum deutlichen Preisauftrieb der vergangenen Monate beigetragen. Sollten die hohen Ölpreise fortbestehen, könnte sich das schon bald ändern - denn die Gaspreise sind zu mehr als 90 Prozent an das Erdöl gekoppelt."Der zeitliche Abstand von Öl- und Gaspreisen liegt bei drei bis vier Monaten", sagte E-Control-Geschäftsführer Walter Boltz am Dienstag. "Die aktuellen Großhandelspreise rechtfertigen aber noch keine Preiserhöhungen."

Rund 93 Prozent der Mengen, die die Gazprom nach Europa liefert, sind an den Ölpreis gebunden, nur sieben Prozent werden nach den Vorgaben des Spotmarkts gehandelt, hieß es bei einer Pressekonferenz der E-Control. Boltz, der schon immer für eine weitgehende Entflechtung der beiden Preise eingetreten ist, würde gerne eine Reduzierung des Ölpreisbindung auf 30 bis 40 Prozent sehen: "Das wäre ein gesundes Verhältnis."

2010 sind laut E-Control die Strompreise für Haushalte im Durchschnitt gestiegen und bei Gas kaum gefallen, Kunden aus der Industrie seien in beiden Fällen aber besser ausgestiegen als die Privaten, sagte der Energieregulator. Der wirkliche Schub bei der Teuerung sei im vergangenen Jahr nicht von Strom und Gas, sondern über die Ölpreise gekommen. Nach Darstellung der E-Control ist die Gasversorgung der EU wegen der politischen Unruhen in Nordafrika nicht gefährdet - allenfalls könne es zu kleineren regionalen Problemen in Südeuropa kommen.

E-Control legt Jahresbericht vor

Boltz und sein Aufsichtsratschef Walter Barfuss stellten am Dienstag den aktuellen E-Control-Jahresbericht vor, den zehnten seit Bestehen der Regulierungsbehörde. Wie berichtet, wird die E-Control ab Donnerstag in eine Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt, die eine Reihe neuer Aufgaben übernehmen wird und einen zweiten Geschäftsführer bekommt.

Die Hauptresultate der vergangenen zehn Jahre Energieliberalisierung bestünden darin, dass die Stromfirmen in dieser Zeit deutlich effizienter und serviceorientierter geworden seien, sagte Boltz rückblickend. Die Energieversorger würden heute mit 7.000 bis 10.000 Mitarbeitern weniger die gleiche Leistung bringen. Und "wenn sie die Steuern wegrechnen, wird jede Kundengruppe heute deutlich weniger für ihre Energie zahlen wie vor zehn Jahren."

Regulator wird größer

Die Energieregulierungbehörde, die dieser Tage eine neue rechtliche Struktur verpasst bekommt, wird in Zukunft mehr Leute beschäftigten und über ein höheres Budget verfügen - in welchem Ausmaß wird noch nicht bekannt gegeben. Dem vergrößerten Apparat stünden künftig aber auch mehr Aufgaben gegenüber, argumentiert Walter Boltz, Noch-Alleingeschäftsführer der Regulierungsbehörde: "Statt 20 Tarifverfahren werden wir in Zukunft 50 haben, dazu kommt eine zusätzliche Stufe bei den Rechtsmitteln", was bisher von den Höchstgerichten erledigt worden sei.

"Ich glaube nicht, dass die Streitbereitschaft besonders dramatisch steigen wird - billiger wird's aber sicher nicht", sagte Boltz am Dienstag. Details dazu wolle er "zuerst dem Aufsichtsrat" vorlegen.

Die Umwandlung der E-Control und die Bestellung eines zweiten Geschäftsführers sollen wegen einer neuen EU-Richtlinie notwendig geworden sein.

Statt der bisherigen Zweiteilung wird es künftig eine Anstalt öffentlichen Rechts mit drei Organen geben - einen aus zwei Personen bestehenden Vorstand, eine auf fünf Mitglieder vergrößerte Regulierungskommission und ein aus sechs Personen bestehender Aufsichtsrat. Die beiden neuen Vorstände - Boltz hat sich erneut beworben - müssen spätestens am 23. März feststehen, weil an dem Tag ein Hearing vor dem Wirtschaftsausschuss des Parlaments stattfindet. Die vom Wirtschaftsministerium getroffene Personalentscheidung dürfte aber bereits in den nächsten Tagen fallen. Die Kommission wird von der Regierung bestellt.

Zweiter Geschäftsführer

Laut Medienberichten könnte Boltz aus Proporzgründen einen zweiten den Sozialdemokraten nahestehenden Geschäftsführer bekommen. "Von den neuen Gesetzen sind etliche im Verfassungsrang und dafür benötigt man eine qualifizierte Mehrheit. Das scheint mir zur Vorstellung eines 'do ut des' geführt zu haben", sagte Aufsichtsratschef Walter Barfuss, früher Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Von der Sache her gebe es gegen einen zweiten Geschäftsführer für die E-Control aber nichts einzuwenden.

Boltz rechnet damit, dass das am Dienstag im Ministerat beschlossene neue Gaswirtschaftsgesetz (GWG) Ende des Monats im Nationalrat beschlossen wird und im kommenden Mai in Kraft tritt. Die Umsetzung des im "dritten Energiepaket" ebenfalls enthaltenen neuen Elwog durch alle Bundesländer könne zwar noch auf sich warten lassen, der Zeitrahmen dafür sei aber nicht mehr wirklich von entscheidender Bedeutung. Das Paket wird mehr Wettbewerb und Transparenz und damit "massive Vorteile" für Konsumenten, aber auch die Wirtschaft bringen, versprach Boltz. (APA)