Wien - Die Führungsdebatte im Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) gärt auch nach dem überraschenden Rücktritt von Peter Noever weiter. Fünf Tage nach dem Abgang des Langzeitimpresarios hat ein Teil der leitenden Belegschaft in einem E-Mail auch der derzeitigen interimistischen Nachfolge das Misstrauen ausgesprochen, wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner Onlineausgabe berichtet.

Bezogen auf die derzeitige Führung, bestehend aus Direktorin Martina Kandeler-Fritsch, der kaufmännischen Leiterin Andrea Jungbauer-Radax sowie deren Stellvertreterin Kathrin Pokorny-Nagel, heißt es dort: "Sie alle waren während der Amtszeit von Herrn Dir. Noever Teil der Geschäftsleitung, Sie waren zeichnungsberechtigt. Aus diesem Grund hegen wir die berechtigte Sorge, dass es Ihnen nicht möglich sein wird, objektiv und wertfrei an der Aufarbeitung der Geschehnisse mitzuwirken."

Das "System Noever"

Trotz des vom Kuratorium zuvor ausgesprochenen Zutrittsverbots habe sich Noever überdies am 24. Februar seinen Generalschlüssel aushändigen lassen. Auch seien ihm die Computerpasswörter nicht entzogen worden, was dem Grundsatz der Objektivität widerspreche und nahelege, dass die neue Führung befangen sei, schreiben die Mitarbeiter.

"Weiters haben Sie, sehr geehrte Frau Mag. Kandeler-Fritsch, in der MitarbeiterInnenversammlung erklärt, dass Sie keine Änderungen vornehmen werden. Auch diese Aussage nährt unsere Sorge, dass mit Ihnen eine dringend notwendige Aufarbeitung des 'System Noever' und eine völlige Neupositionierung des Österreichischen Museums für angewandte Kunst nicht durchführbar sein werden. [...] Daher sprechen wir Ihnen [...] unser Misstrauen aus."

Die Unterzeichnenden

Elf MAK-Mitarbeiter in Schlüsselpositionen haben das Mail unterzeichnet, neben den Betriebsräten die Leiter der Sammlungen für Metall und Wiener Werkstätte (Elisabeth Schmuttermeier), Textilien und Teppiche (Barbara Karl), Asien (Johannes Wieninger) sowie die Verantwortlichen für Führungen (Gabriele Fabiankowitsch) und Restaurierung (Manfred Trummer). Auch an Kulturministerin Claudia Schmied wurde das Protestschreiben weitergeleitet, wie man im Ministerbüro bestätigte.

Auch der Designer und Architekt Gregor Eichinger, der verschiedentlich als potenzieller Nachfolger für Noever an der MAK-Spitze genannt wurde, nahm am Dienstag am Rande einer Ausstellungseröffnung Stellung zu den Gerüchten und stellte klar: "Ich habe mich nicht beworben um die Nachfolge der Direktion MAK."

Noever war am vergangenen Mittwoch überraschend zehn Monate vor Ende seines seit 1986 laufenden Vertrages vom Amt des MAK-Direktors zurückgetreten. Er hatte damit die Konsequenzen aus immer massiveren Vorwürfen rund um Geburtstagsfeiern für seine Mutter gezogen, die er im MAK ausgerichtet hat. Schadenssummen von 130.000 Euro und mehr stehen im Raum. Ungeachtet der Ankündigung Noevers, die Kosten nachträglich zu übernehmen, laufen weitere Prüfungen, inklusive einer Sonderprüfung des Rechnungshofes. Während das Museumskuratorium Noever die Vertrauensbasis entzogen und eine Strafanzeige gegen den Ex-Direktor eingebracht hatte, zeigte sich Kulturministerin Schmied "persönlich enttäuscht". (APA)