Die traditionell starke Rolle Wiens in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht gewachsen. Schuld daran ist der immer stärkere Wettbewerb von Schiedsländern wie der Schweiz, England, Schweden, Deutschland und neuerdings auch Singapur.

Dabei spielt der Vergleich des jeweiligen lokalen Schiedsverfahrensrechts eine entscheidende Rolle. Dieser Vergleich lässt - zum Nachteil Österreichs - Wünsche offen. Zu den Defiziten, deren Behebung ein Fachkreis von Professoren und Praktikern dem Justizministerium empfiehlt, zählt das zeit- und kostenintensive dreiinstanzliche Berufungsverfahren und das Erfordernis einer Spezialvollmacht, wenn Verträge mit Schiedsklauseln von Bevollmächtigten unterschrieben werden.

Besonders problematisch ist die Tatsache, dass Gesellschafter in Österreich als Verbraucher gelten und deshalb Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen und bei Anteilsverkäufen meist unwirksam sind. Das liegt erstens daran, dass Österreich im Konsumentenschutzgesetz den Verbraucher weiter als vom Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben definiert. Während die "Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen" ausdrücklich Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechtes ausnimmt, ist bei uns ein Gesellschafter erfasst, weil ja nicht er, sondern "seine" Gesellschaft das Unternehmen betreibt. Auch Privatstiftungen, wenn sie nicht unternehmerisch tätig sind, zählen zu den Konsumenten. Deutsches Verbraucherrecht gilt hingegen von vornherein nur für natürliche Personen.

Zweitens können Verbraucher mit Unternehmern nur für bereits entstandene (!) Streitigkeiten wirksam Schiedsklauseln vereinbaren, während anderen Ländern wie Deutschland die - in Österreich ebenfalls vorgeschriebenen - strengeren Formerfordernisse genügen. Der OGH stellte zwar geschäftsführende Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen Unternehmern gleich, aber reine Gesellschafterstreitigkeiten - z.B. aus Syndikatsverträgen, Joint Ventures, Arbeitsgemeinschaften - oder Unternehmensverkäufe (Share Deals), sind damit in Österreich oft nicht schiedstauglich.

Teilweise Abhilfe leistete der OGH auch, indem er ausländische Schiedssprüche, denen solche Konstellationen zugrunde liegen, für im Inland vollstreckbar erklärte; mit der Begründung, der dagegen erhobene "ordre public" -Einwand greife nicht. Aber dies ist für konkurrierende Schiedsländer erst recht ein Grund, bei Verfahren dieser Art von einem österreichischen Schiedsort abzuraten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.3.2011)