Die österreichischen Banker, die in der US-Causa Madoff aussagen sollen, sehen in ihrer Vorladung ein unzulässiges Vorgehen. Der Strafprozess gegen die Bank Austria in Wien könnte bald starten.

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New York / Wien - Betriebsamkeit unter den Wiener Rechtsanwälten, die mit der Causa Madoff / Bank Medici bzw. Bank Austria beschäftigt sind: Sie haben am Dienstag jene Zeugenliste durchforstet, die US-Anwalt Irving Picard per Rechtshilfeersuchen in Wien eingebracht hat. Picard hat Ende 2010 UniCredit, Bank Austria und Bank Medici auf 19,6 Milliarden Dollar Schadenersatz geklagt. Die Institute hätten eine entscheidende Rolle im "System Madoff" gespielt.

Das Konkursgericht Manhattan will insgesamt 71 Banker einvernehmen lassen, manche als Beklagte, manche als Zeugen. 61 davon sollen wie berichtet aus dem Umfeld der Bank Austria sein; auch der aktuelle Bankchef Willibald Cernko ist vorgeladen.

Zum Teil ist die Liste allerdings unorthodox zusammen gestellt, weil nämlich auch bereits Verstorbene zur Einvernahme vorgeladen wurden. Ein ehemaliger Manager der Bank Austria etwa oder ein Vorstandsmitglied der Gemeinde Wien nahen AVZ-Privatstiftung. Auch ein ehemaliger Stockerauer Bürgermeister soll einvernommen werden, warum erschließt sich nur jenen, die die Geschichte der Bank Austria gut kennen: die Stockerauer Sparkasse spielte 2000 kurzfristig eine tragende gesellschaftsrechtliche Rolle bei der Fusion der Bank Austria mit der HypoVereinsbank.

Erkundungsbeweis

Aber auch etliche der lebenden potenziellen Zeugen werden sich wie zu hören ist gegen ihre Einvernahme wehren. Laut ihren Anwälten halten sie den Antrag der Amerikaner für einen unzulässigen Erkundungsbeweis. Ein solcher liegt vor, wenn Ermittler recherchieren, ob überhaupt Beweismittel auffindbar sind. In dem Fall durch die ausufernden Einvernahmen.

Um Reisen in die USA geht es allerdings nicht: Die potenziellen Auskunftspersonen haben ihre Vorladungen über das jeweils für ihren Wohnsitz zuständige Bezirksgericht zugestellt bekommen. Angeschlossen ist ein rund 50-seitiger Katalog mit Fragen, die von Picard gerne beantwortet sehen möchte. Etliche der Zeugen dürften aber auch noch in die österreichischen Strafverfahren involviert sein.

Die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Medici-Bankerin Sonja Kohn wegen des Verdachts der Untreue, sie bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. Dieses Verfahren wird noch länger dauern, weil die Wiener immer noch auf Unterlagen aus New York warten.

Im Strafverfahren gegen die Bank Austria (es geht um den Verstoß gegen das Investmentfondsgesetz) wird dagegen schon in den nächsten Monaten entschieden, ob es zu einer Anklage kommt.

Der Urheber der ganzen Geschichte, Bernard Madoff, unterzieht sich derweil im Gefängnis einer Psychotherapie. Dort habe er gelernt, dass er trotz des Mega-Betrugs "ein guter Mensch ist", wie Madoff einem Journalisten sagte. Der 72-jährige Madoff ist zu 150 Jahren Haft verurteilt. Sein Pyramidenspiel hat einen Schaden von 65 Mrd. Dollar (46,9 Mrd. Euro) verursacht. (gra, bpf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.3.2011)