Ein Bild aus der fiktiven Präsentationsmappe: Der umgebaute Plenarsaal soll dem Planungsentwurf zufolge nicht nur Parlamentariern, sondern auch wenig subtilen Werbebotschaften Raum bieten.

Foto: Cross Finance Mission Statement

Auch wenn die Kosten für den Umbau des Parlaments etwas aus dem Ruder laufen: Selbstverständlich wird Kanzler Werner Faymann nach der Renovierung des Hohen Hauses seine Reden nicht im Schatten des Giebel-Kreuzes halten. Auch von weiteren Werbeeinschaltungen im Plenum ist nichts bekannt. Diese Reportage ist - im Gegensatz zu dieser Story - der Aprilscherz von derStandard.at.

Ein Kanzler unterm Giebelkreuz - Die Nachlese:

Wien - Ein Bundeskanzler, der seine Regierungsansprache unter dem Raiffeisen-Giebelkreuz hält. Parlamentsdebatten im Schatten des OMV-Logos. All das könnte schon bald Realität sein - geht es zumindest nach einem internen Rohbericht einer Arbeitsgruppe des Finanzministeriums, der derStandard.at vorliegt.

Darin entwickeln Kostenrechner und externe Berater aus der Werbewirtschaft einige Kreativität, um die aus dem Ruder gelaufenen Kosten für den geplanten Umbau des Hohen Hauses nicht nur dem Steuerzahler aufzubürden. Die in dem hausinternen Bericht favorisierte Lösung zur Entlastung des Budgets klingt simpel als auch lukrativ: Zahlreiche Werbeflächen im Plenum sollen nach dem Totalumbau zumindest einen Teil der Sanierungskosten herein spielen.

Wundertüte "Cross Finance Mission Statement"

Offiziell sind mindestens 295 Millionen Euro für die Renovierung des Baujuwels am Wiener Ring veranschlagt, seriöse Schätzungen gehen jedoch von 400 Millionen aus, die ab 2014 verbaut werden sollen. Bereits seit geraumer Zeit wettert die Opposition gegen das teure, beim Wahlvolk unpopuläre Projekt. Ein Umstand, der das ÖVP-geführte Finanzministerium nun offenbar alarmiert hat. Die eigens eingesetzte Arbeitsgruppe gräbt bei der Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen erstaunliche Quellen an: So sollen dem 212 Seiten starken "Cross Finance Mission Statement" zufolge Konzerne und staatsnahe Betriebe für "attraktive Werbeflächen" geködert werden.

Insgesamt 16 "SuperAd"-Banden, Format 5 mal 2 Meter, sind dem Dossier zufolge allein für die Galerie vorgesehen, dazu jeweils ein "UltraAd" seitlich der Regierungsbank. Größe eines Plakats: stolze 14 mal 5 Meter, buchbar für mehrere Legislaturperioden. Den beigezogenen Sponsoring-Beratern - die meisten namhafte Senior-Partner von ÖVP-nahen Werbeagenturen - ist das aber offenbar noch nicht genug: Ihren Plänen zufolge soll das Publicity-Potential des Plenarsaals mittels "in den Spannteppich eingewobenen Firmenlogos" und "LED-Laufbändern" aufgepeppt werden. Enthusiastisch schwärmen die schwarzen Werber von "Top-Präsentationsmöglichkeiten" und einer "forcierten Broadcasting-Visibility im ORF".

Gazprom nicht abgeneigt

In der Wirtschaft nimmt man das Strategiepapier naturgemäß wohlwollend zur Kenntnis. Raiffeisen und Unicredit sollen bereits Vorreservierungen platziert haben, die Kronen Zeitung als auch die Newsgruppe prüfen mehrjährige Kampagnen. Potente Industriemultis stehen ebenfalls Schlange. Dem Vernehmen nach zeigen sich Voestalpine, Magna, OMV, Strabag und der russische Energieriese Gazprom interessiert. Vitali Baitsev, Pressesprecher von Gazprom, will das nicht direkt bestätigen, räumt aber ein, „dass wir uns in diesem Top-Premium-Werbeumfeld bei unseren Freunden in Österreich gerne präsentieren würden".

Teures Vergnügen

Der Premium-Auftritt wird indes nicht ganz günstig. 20.000 Euro werden etwa für eine SuperAd-Bande an der Galerie aufgerufen - pro Sitzungstag. "Ein Preis der sich bei einer Fernsehübertragung sicher verdoppeln wird", weiß Räto Müller, Professor an der Werbeakademie im schweizerischen Cham. Bei 40 Sitzungen, die die Abgeordneten im vergangenen Parlamentsjahr absolvierten, sind also pro Werbefläche mindestens 800.000 Euro zu berappen. "Eine echte Win-Win-Situation. Insgesamt könnte der jährliche Gewinn bei 20 Millionen Euro liegen, regelmäßige TV-Übertragungen vorausgesetzt", schätzt Werbeexperte Müller.

"Das zeigt, wozu wir fähig sind"

In der Präsidiale des Parlaments weiß man offiziell noch nichts von der Öffnung des Plenums hin zur freien Marktwirtschaft. Gänzlich ablehnend scheint die Politik den Plänen jedoch nicht gegenüber zu stehen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) ließ sich zwar auf Anfrage keine Aussage zur Werbeoffensive entlocken, in ihrem Umfeld gibt es jedoch deutliche positive Signale. Ein Parlamentsmitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden will: "Solang da nichts Pornographisches zu sehen ist oder Waffenfirmen werben, kann ich mir das vorstellen. Außerdem ist es ja gut, wenn sich heimische Firmen im Nationalrat präsentieren. Das zeigt schließlich, wozu wir fähig sind." (red, derStandard.at, 1.4.2011)