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Die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei ...

Foto: REUTERS/Oleg Popov

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... in Kapitan Andeevo

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"Mach auf!", sagt der Zöllner. Dann macht man die Tasche also auf. Hemden, sonstige Wäsche, aha. Der Beamte geht um das Auto herum, klopft mit der Taschenlampe auf eine Seitentüre. Auch aufmachen, auch alles gut. Dann kritzelt er eine Nummer auf ein Stück Papier. Damit muss man zu einem Schalter gehen, auf dem in großen Lettern COMPUTER steht und wo auch eine Menge anderer Leute mit Nummern auf einem Zettel in einer mehr oder minder geordneten Reihe stehen. Das Endspiel am Grenzübergang "Kapitan Andreevo" bei der Einreise von der Türkei nach Bulgarien hat begonnen.

Der COMPUTER ist ein uninspiriert wirkender Herr, der die Nummer gegen ein zweites Zettelchen austauscht, ein schief mit der Schere ausgeschnittenes Stück Papier, auf dem der Name des Fahrers und das Kennzeichen seines Mobils Platz haben. Das reicht man dann ganz am Ende des einem weiteren Beamten, der sich an der letzten Baracke herumdrückt. "Dawai!", sagt er, "los, fahr schon". So wird man gern begrüßt.

Eineinhalb Stunden dauert derzeit bei Kapitan Andreevo das Warten auf die Zöllner, die angeblich die schnelle Entscheidung für den Beitritt Bulgariens zur Schengen-Zone noch im März dieses Jahres versemmelt haben. Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissov hätte gern einen Betritt zu diesem Zeitpunkt gehabt, die Beamten im Innen- und Außenministerium in Sofia waren sehr viel skeptischer, und am Ende blockten vor allem Deutschland und Frankreich die Erweiterung der Schengen-Zone ab. Die Entscheidung könnte nun im Herbst dieses Jahres fallen.

Nicht dass die Zöllner an einem der größten Grenzübergänge in Europa untätig wären. In Andreevo angeln sie mehrmals in der Woche etwas Größeres aus Lastwagen und Pkws: Heroin in Thunfischbüchsen, falsches Parfum oder Sportkleidung, endlos unversteuerte Zigaretten, die sich Bulgaren aus den umliegenden Städten nach dem Besuch der Shopping Mall im türkischen Teil des Grenzübergangs noch auf dem Parkplatz in die Kleidung stopfen. "Andreevo" hat andererseits aber eine lange bunte Geschichte seiner Grenzbeamten über Korruption und eingefleischten Drang zur Bereicherung.

Der unschuldige Reisende sieht von all dem nicht viel, sondern wartet und wartet, versucht, mit seinem Auto halbwegs den Platz in der Schlange vor dem halben Dutzend Zollnerhäuschen zu verteidigen. Denn trotz Stillstand ist alles gleichzeitig im Fluss: Die Beamten verschwinden kollektiv, tauchen mit einem Mal wieder auf, winken Freunde in Sportwagen mit abgedunkelten Fensterscheiben durch, schieben kleine Metallständer aus der guten alten sozialistischen Zeit auf den Durchfahrten hin und her. Manchmal kann das auch ein Reisender selbst tun und sich so einen deutlichen Vorsprung sichern. Ohnehin ist nicht deutlich, wer offiziell Dienst an der Zollstation versieht und wer nur spontan regulierend eingreift. Exakt ein Beamter aber wartet hinter den Zollhäusern und lässt sich Taschen im Kofferraum zeigen oder die Fahrgestellnummer, je nachdem. Das muss sie sein - die Rache für Schengen.


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