Persönliche Kontakte zu ÖsterreicherInnen tragen entscheidend dazu bei, dass man sich in der fremden Umgebung wohl fühlt, schneller einlebt und zurechtfindet.

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"Im Prinzip geht es darum, Hemmschwellen und Vorurteile zwischen der Gesellschaft und Flüchtlingsfamilien, abzubauen", erklärt Florentina Haziraj das Projekt rund um "Integrations-Buddies". Die Projektleiterin des Verein Impulse in Krems betreut das Projekt Elongó (auf Lingala, einer zentral-afrikanischen Sprache: "gemeinsam"), das im vergangenen Jahr gestartet wurde.

Ein großes Problem für Flüchtlinge sei es, Kontakte zu ÖsterreicherInnen zu knüpfen. Dies trage aber entscheidend dazu bei, dass man sich in einer fremden Umgebung wohl fühlt, schneller einlebt und zurechtfindet, erzählt Haziraj. Im Rahmen des Buddy-Projekts soll gelebte Integration stattfinden, indem die Möglichkeit für Menschen geschaffen wird, schneller Anschluss zu finden. Das Erfolgsrezept sei der direkte Kontakt und dass "nicht der arme Ausländer auf den Österreicher treffen soll, sondern beide Seiten von einander lernen sollen", so Haziraj.

Angst vor zu viel Verantwortung

Wichtig ist, dass die Hilfe freiwillig und unentgeltlich funktioniert. Das ist laut Haziraj bereits eine der häufigsten Schwierigkeiten, die sich nach kurzer Zeit einstellt. Viele möchten für ihre Hilfsbereitschaft entlohnt werden, wenn sie beispielsweise Kindern Nachhilfeunterricht geben. Oder sie finden dann doch nicht mehr genügend Zeit. Viele TeilnehmerInnen haben schließlich gemeint, dass das Projekt "doch nichts für sie ist".

"Oft haben die Menschen auch Angst, zu viel Verantwortung zu übernehmen. Sie fragen dann: 'Reicht es, wenn ich zwei Mal die Woche komme?' Das funktioniert aber nicht mit Muß!", betont die Projektverantwortliche. Da sei ein monatlicher Besuch mehr wert, als zwei Mal die Woche, die dann "erzwungen" sind. Es sollen aber nichtsdestotrotz regelmäßige Kontakte stattfinden, in denen die Personen in der Freizeit zusammenkommen und miteinander Deutsch sprechen.

"Wo liegen meine Grenzen?"

Die Freiwilligen werden nicht unvorbereitet auf ihre Kontaktpersonen losgelassen. Im Vorfeld finden Basisschulungen statt, in denen die Personen auf diverse Situationen vorbereitet sowie diverse Fragestellungen durchgenommen werden: "Wo liegen meine Grenzen? Was möchte ich geben? Wo ist die Grenze zwischen Helfersyndrom und normalem Helfen? Wir erklären den TeilnehmerInnen, mit unbekannten Situationen vorsichtig zu sein und keine übereilten Änderungen vorzunehmen", so Haziraj. "Ein Mann fragte vor kurzem zum Beispiel, wie er reagieren soll, wenn er in die Wohnung einer muslimischen Familie kommt und ihm die Kopftuch-tragende Frau nicht die Hand geben möchte. Darauf bereiten wir die Buddies vor."

Bände geknüpft

Dass das Projekt Früchte trägt, zeigt ein Beispiel aus St. Pölten, wo ebenfalls ein Buddy-Projekt durchgeführt wird: "Bei zwei Familien, die sich anfangs einander gegenüber sehr schüchtern verhalten haben, ist eine tiefe Freundschaft entstanden. Wenn es davon nur sechs bis acht Familien gäbe, die einen solchen Austausch pflegen und voneinander lernen, wäre ich schon sehr zufrieden", erzählt Haziraj. Dass ihr das Projekt sehr am Herzen liegt, betont sie immerzu und auch, dass es ehrenamtliche "Buddies" sein sollen, die an einem gegenseitigen Austausch mit eingewanderten Familien interessiert sind.

Sichtbar machen

"Im Grunde sind sehr viele Menschen Integrations-Buddies. Integrationsarbeit ist ja vielfältig. Wenn jemand beim bosnischen Verein mithilft zum Beispiel. Diese Integrationsarbeit ist nur häufig unsichtbar - sie muss sichtbarer gemacht werden", sagt Florentina Haziraj.

Aktuell zwei "Buddies"

Derzeit sind am Projekt in Krems aktiv zwei Buddies beteiligt. Eine ehemalige Lehrerin gibt Kindern kostenlos Deutsch- und Mathematikunterricht und ein pensionierter Anwalt ist in Kontakt mit einem türkischen Kulturverein getreten. Gemeinsam mit dem Obmann des Kulturvereins stellt er sich einer Aufgabe: Da das Kulturzentrum an einer stark befahrenen Straße liegt und die Mitglieder häufig von ihren Kindern begleitet werden, hat sich Karl Reinberg dazu bereit erklärt, einen Antrag für einen Schutzweg auszuarbeiten. Es wurden außerdem Einladungen zu diversen Feierlichkeiten ausgesprochen, wie er erzählt.

Entgegen der "Biertischmeinung"

Herr Reinberg ist seit fünf Jahren in Pension und schon immer an der türkischen Kultur, Sprache und den Menschen interessiert gewesen. "Das Miteinander finde ich wichtig: Gerade jetzt, wo MigrantInnen so viel Feindseligkeit entgegengebracht wird. Ich wollte mich gegen die sogenannte Biertischmeinung stellen", erklärt der ehemalige Anwalt. Ein "schrankenloses Multikulti", wie er es nennt, lehnt er jedoch auch ab. (Eva Zelechowski, daStandard.at, 01. April 2011)