Bild nicht mehr verfügbar.

Das neu adaptierte "Familienanhaltezentrum" in der Wiener Zinnergasse wird erweitert.

Foto: Hans Punz/dapd

Das nicht unumstrittenen Familienanhaltezentrum in der Zinnergasse am Stadtrand von Wien wird nun sogar ausgebaut. Allerdings werden in den 16 zusätzlichen Wohneinheiten Personen nicht festgehalten, sondern im Rahmen eines "gelinderen Mittels" auch für längere Zeit untergebracht und können das Haus verlassen. Derzeit ist das Gebäude überhaupt unbelegt.

Zur Vorgeschichte: Um eine passende Unterbringung für Familien unmittelbar vor deren Abschiebung zu gewährleisten, hat das Innenministerium einen Teil des Kardinal-König-Flüchtlingshauses in eine Defacto-Schubhafteinrichtung umgewandelt. Vor allem die katholische Kirche lief dagegen Sturm. So meinte etwa der Wiener Caritas-Chef Michael Landau vergangenen Dezember: "Eine Umwandlung des Kardinal König-Integrationswohnhauses in eine Abschiebeeinrichtung halte ich nicht nur für geschmacklos und unangemessen, sondern auch für einen schweren Angriff auf die Person, und auf das Erbe von Kardinal Franz König."

Zinnergasse für medizinische Untersuchungen zuständig

Mittlerweile haben sich die Wogen wieder geglättet. Seit Jahresbeginn wurden 78 Personen in dem Familienanhaltezentrum untergebracht, Probleme gab es in keinem Fall, erklärte der Leiter für fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, Josef Zinsberger, bei einem Lokalaugenschein mit Journalisten. Über zwei Stockwerke verteilt ist Platz für zwölf Familienwohnungen, die mit Kochnische, Dusche, Abstellraum, Wickeltisch und Kindersessel ausgestattet sind. Zur Beschäftigung stehen in Aufenthaltsräumen ein Tischfußball- sowie ein Tischtennis-Tisch und ein Sat-Fernseher zur Verfügung.

Allzu viel Zeit verbringen die von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge in der Einrichtung allerdings soundso nicht. Nach spätestens 48 Stunden werden sie außer Landes gebracht zu 90 Prozent in andere Länder, die laut "Dublin II"-Abkommen für ihr Verfahren zuständig sind. In der Zinnergasse wird medizinisch untersucht, ob die Abschiebung möglich ist. Ferner wird eine Betreuungsperson hinzugezogen, die die Familien in deren Muttersprache auf die Abreise vorbereitet. Auf ihrer Etage können sich die Insassen zwischen 6 und 22 Uhr frei bewegen, die Exekutive bewacht das Gebäude in Zivil.

Musterprojekt

Voll waren die zwölf Wohnungen in der Zinnergasse noch nie. Maximal fünf Familien waren gleichzeitig untergebracht. Daher denkt man bei der Polizei bzw. dem Innenministerium derzeit auch nicht daran, weitere Familieneinrichtungen zu schaffen. Ohnehin wird es beim neuen großen Schubhaftzentrum in Vordernberg spezielle Möglichkeiten für Familien, Frauen und junge Erwachsene geben.

Das Gebäude in der Zinnergasse dient ebenfalls als Musterprojekt, weshalb es nun ausgebaut und quasi zweigeteilt wird. Während die Bewohner der oberen Etagen das Gebäude nicht verlassen dürfen, soll es für den unteren Bereich auch Ausgangsmöglichkeiten geben. Dort werden in ähnlich gestalteten Wohneinheiten jene Personen untergebracht, für die ein "gelinderes Mittel" angeordnet wurde. Das bedeutet, dass sich die Personen frei bewegen können und nur etwa Meldepflichten unterliegen. Als neue Möglichkeit bietet das demnächst zu beschließende Fremdengesetz auch, dass nur noch Dokumente zu hinterlegen sind.

Jene, die in den 16 neuen Wohneinheiten unterkommen, sollen auch mehr Freizeitmöglichkeiten erhalten. Im Freien ist eine Art Spielwiese hinter dem Gebäude geplant. Fertig gestellt werden sollen die Wohnungen möglichst bis Anfang Juli, wenn das Fremdenrechtspaket in Kraft treten soll. (APA)