Bild nicht mehr verfügbar.

während der Republik für verfehlte Klimaschutzziele mehr als 400 Millionen Euro Strafzahlungen ins Haus stehen und Milliarden in den Bahnausbau investiert werden, verlagert die Staatsbahn in großem Stil auf Lkws.

Foto: AP/Boxler

Wien - Die Sanierung der ÖBB-Güterverkehrsparte Rail Cargo Austria (RCA) treibt bizarre Auswüchse. Beobachter bezweifeln gar, ob die rechte Hand im ÖBB-Konzern weiß, was die linke tut. Denn während ÖBB-Immo-Chef Claus Stadler versucht, für den 200.000 Quadratmeter großen Uralt-Logistik-Standort St. Pölten-Wörth Käufer zu finden und Logistik-, Industrie- und Gewerbebetriebe in die niederösterreichische Landeshauptstadt zu locken, sperrt die RCA ihren eigenen Knotenpunkt in St. Pölten zu und geht nach Herzogenburg.

Den Vorwurf, potenzielle Käufer würden getäuscht, weil der Standort nicht mehr bedient werde, weist die ÖBB zurück. Die Bahnanbindung sei auch künftig gewährleistet. Nur RCA siedle ab, sie erbringe ihre Dienste künftig von einem anderen Standort aus.

Für die dramatischen Änderungen im schwer defizitären Schienengüterverkehr in Österreich könnten Auswüchse wie diese freilich als symptomatisch gelten. Denn während der Republik für verfehlte Klimaschutzziele mehr als 400 Mio. Euro Strafzahlungen ins Haus stehen und Milliarden in den Bahnausbau investiert werden, verlagert die Staatsbahn in großem Stil auf Lkws. Seit Freitag gibt es keine Bahn-Express-Transporte (Stückgut) mehr auf der Schiene. Das betrifft zwar nur ein bis zwei Prozent der RCA-Gesamttonnage, könnte pro Jahr aber gut 34.000 Lkw-Fahrten mehr bedeuten.

Weitere Welle

Ab Montag rollt eine weitere Welle auf die Straße, der Unbegleitete Container-Verkehr (UKV) wird umorganisiert, die Südbahn heruntergefahren (ÖBB-Knoten in Graz-Werndorf, St. Michael, Villach), Drehscheibe wird Wels. Das könnte pro Jahr bis zu 55.000 Lkw-Fahrten verursachen, weil defizitärer UKV eingestellt und teurer wird - der Standard berichtete.

An den Kragen geht es auch 1500 Holzzügen, die zu 30.000 Lkw-Fahrten werden könnten. Fallen auch Hackschnitzel-Ganzzüge aus der Ukraine weg, kommen 20.000 Lkw-Fahrten pro Jahr dazu. 13.000 Laster sollen der Rollenden Landstraße nicht kostendeckende Last abnehmen und das Motto "Ertragswachstum Schiene" kann gut 30.000 Lkw-Transporte pro Jahr bedeuten. Laut internen Berechnungen verursachen die Änderungen insgesamt bis zu 180.000 Lkw-Fahrten. Das seien wüste Schätzungen, noch stehe nichts fest, kontert ÖBB-Chef Christian Kern. Denn RCA biete jedem Kunden Alternativen. Wie hoch die Marktanteilsverluste werden, ist offen. Die Alternative? "Gibt es nicht. Ohne radikale Wende sind wir am Abgrund." (ung, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2./3.4.2011)