"Wir wurden nicht angegriffen und mussten das Feuer nicht eröffnen", meinte ein Sprecher der französischen Armee am Freitag, als wäre alles klar und einfach. Doch so ganz unbeteiligt ist der größte französische Truppenstützpunkt Westafrikas, im Süden Abidjans gelegen, mitnichten. Dies schon deshalb nicht, weil mehrere hundert Ausländer, mehrheitlich Franzosen, in die Garnison Port-Bouët geflüchtet sind.

Schwer bewaffnete Patrouillen der französischen Armee sicherten diverse Viertel der Stadt, wo die meisten der landesweit 12.000 Franzosen wohnen. Dazu gehört auch das Handelsquartier Treichville, wo ein Großteil des Kakaogeschäftes angesiedelt ist.

Hauptmachtfaktor

Klar ist, dass die französische Truppenpräsenz der Hauptmachtfaktor in Côte d'Ivoire ist. Das tausendköpfige Kontingent wiegt personell viel weniger als das Aufgebot der Gbagbo- und der Ouattara-Truppen oder auch der UN-Blauhelme. Doch die Franzosen hätten mit ihrer Ausrüstung leichtes Spiel, wenn sie zum Beispiel Gbagbo des Amtes entheben wollten. Als die ivorische Armee 2004 bei einem Luftangriff auf ein Rebellendorf neun Franzosen tötete, ließ der damalige Präsident Jacques Chirac kurzerhand die Luftwaffe Gbagbos zerstören.

Damals sicherten die Franzosen die Pufferzone zwischen den Rebellen im Norden und dem loyalistischen Lager Gbagbos - und darüber hinaus die Kakaoplantagen im Süden. Diese werden weitgehend von den Franzosen kontrolliert.

Gbagbo versuchte vor ein paar Monaten, die für die Landeswirtschaft so wichtige Anbaukultur zu verstaatlichen. Das war für Frankreich ein Grund mehr, sich von dem Präsidenten abzuwenden. Jahrelang hatte sich Paris wohl oder übel mit dem widerspenstigen, zum Schluss offen anti-französischen Gbagbo abgefunden. Zum Teil pflegte er auch noch gute Beziehungen zur Ex-Kolonialmacht, so etwa über die Sozialistische Internationale.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy selbst setzte eher auf den westlich gebildeten Ouattara, griff aber auch nicht ein. Er folgte damit der französischen Doktrin, auch mit den "schwierigsten" Despoten Afrikas auszukommen, solange sie den Interessen der Grande Nation nicht völlig zuwiderhandeln.

Im Tschad etwa kooperiert Paris mit dem alles andere als salonfähigen Präsidenten Idriss Déby, der die Menschenrechte mit Füßen tritt und die Erdölwirtschaft seines Landes in einen einzigen Korruptionssumpf verwandelt hat.

Auch in Côte d'Ivoire schaute Paris jahrelang zu, wie Gbagbo die politischen Institutionen aushöhlte. Man versuchte sich mit ihm, so gut es ging, zu arrangieren. In den vergangenen Wochen wurde es den Franzosen und Amerikanern aber zu bunt: Sie leiteten offenbar diskret den aktuellen Umsturz in die Wege.

Waffen aus Nigeria

Gemäß dem gut informierten Afrika-Spezialisten Antoine Glaser haben französische und amerikanische Militärberater Ouattaras Generalstab beraten und dafür gesorgt, dass er mit neuen Waffen aus Burkina Faso und Nigeria versorgt wurde.

Sarkozy verfolgt die Lage in Côte d'Ivoire weiter sehr genau. Am Freitag beriet er sich mit dem Außen- und dem Verteidigungsminister, Alain Juppé und Gérard Longuet. Offiziell geschah das natürlich nur, um, wie andernorts in Afrika oder dem arabischen Raum, einen "demokratischen Übergang" zu fordern. Aber wie es scheint, ist die in Côte d'Ivoire immer sehr präsente Hand der Ex-Kolonialmacht derzeit nicht ganz unbeteiligt. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2011)