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Die Interimstrainer Zoran Barisic und Ricardo Moniz hatten sich gegen den Gegner lange Zeit mehr ausgedacht als für den eigenen Angriff.

Grafik: derStandard.at/ballverliebt.eu; Fotos: AP/Reuters

Die defensiv gut eingestellten Mannschaften zerstörten über lange Strecken alle klar erkennbaren Spielstrukturen: Viele Zweikämpfe und rasche Ballverluste prägten das Match.

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Die zwei jüngsten Meistervereine der österreichischen Bundesliga mussten in der 31. Runde im Hanappi-Stadion unbedingt gewinnen, wenn ihre Dominanz der letzten Jahre nicht schon vorzeitig gebrochen werden sollte. Ein Punkt hätte weder Rapid noch Salzburg viel gebracht. Wer deshalb ein offensives Spektakel erwartete, wurde enttäuscht.

Zoran Barisic stellte bei seinem 4-2-3-1 Kapitän Steffen Hofmann ins Zentrum hinter Hamdi Salihi, Christopher Drazan sollte die linke Flanke bearbeiten, Boris Prokopic zog es auf der rechten Seite eher in die Mitte. Pehlivan nahm den aktiveren Part im Mittelfeld ein, Stefan Kulovits den destruktiven.

Bei Ricardo Moniz war ein 4-1-4-1 angesagt. Außergewöhnlich daran war einerseits der auf der rechten Verteidigungsseite aufgebotene Stefan Hierländer, als auch der defensive Mittelfeldspieler namens Ibrahim Sekagya (Mendes da Silva fiel verletzt aus), der zwischen den Viererketten Hofmann auf Schritt und Tritt verfolgte und komplett aus dem Spiel nahm. In der offensiven Viererkette versuchte Christoph Leitgeb näher an Alan dran zu bleiben. Simon Cziommer sicherte eher ab.

Disziplin prägt

Beide Interimscoaches hatten ihre Mannschaft akribisch auf den Gegner vorbereitet. Das Spiel wurde intensiv geführt, die ballführenden Spieler fast überall schnell attackiert - besonders in der Mittelfeldzentrale. Salzburg verzichtete nur darauf, die Innenverteidiger Rapids aktiv zu bedrängen. Offensichtlich sah Moniz von Ragnvald Soma und Mario Sonnleitner keine kreative Zerstörungskraft ausgehen. (Für seinen Solostürmer Alan bedeutete das, dass er Pressing vor allem gegen die beiden Außenverteidiger spielte.)

Barisic dürfte sich ähnliches bei Sekagya gedacht haben, der im Spielaufbau häufig den Ball erhielt, weil er als einziger Mittelfeldspieler mehr oder weniger in Frieden gelassen wurde. Sein positiver Einfluss auf das Spiel aus dieser Position war trotz redlicher Bemühung aber gering. Zu wenig scharf waren seine verteilten Flanken, um die Hintermannschaft der Grünen aus dem Tritt bringen zu können.

"So wie Mourinho gegen Barcelona könnte ich nie spielen lassen", sagte Moniz vor dem Spiel. De facto war sein Plan aber von der Spielanlage her ähnlich reaktiv angelegt. Bei Ballgewinn sollten schnelle Angriffe gefahren werden. Ein konstruktives Ballbesitz-Spiel (wie gegen Sturm) zeigte Salzburg nicht. Rapid führte in dieser Statistik klar an, konnte aber daraus aber praktisch überhaupt nichts machen.

Ein Grund für die szenenarme erste Halbzeit war, dass beide Mannschaften ihre Außenverteidiger nicht ins Spiel brachten. Kayhan versuchte es zaghaft ab und zu, ansonsten war einzig eine Aktion von Andreas Ulmer bemerkenswert. Diese hätte dann auch beinahe das 1:0 für Salzburg hervorgebracht, doch nach Ulmers Ablage im Strafraum auf Leitgeb und dessen Ferserl zu Alan fiel der Schuss des Brasilianers nicht gut genug aus (33.). Kurz zuvor hatte Drazan Rapids beste Aktion, als er sich einmal gegen Hierländer durchsetzen und aus spitzem Winkel das Tor verfehlen konnte.

Dudic muss raus

Ein Problem für Salzburg war die Verletzung, die sich Milan Dudic wohl knapp vor der Pause zuzog (also etwa zu der Zeit, wo in einem öd anzusehenden Spiel mehrere Spieler ihre Emotionen aus dem Griff verloren). Nachdem er noch fünf Minuten im zweiten Durchgang über den Platz humpelte und dabei zum Beispiel Markus Katzer bei einer Ecke aus den Augen verlor, musste der Serbe dem jungen Daniel Offenbacher Platz machen. Der nahm fortan Cziommers Rolle ein, welcher nun Hofmann deckte und Sekagya ging auf seine angestammte Position in der Innenverteidigung zurück. Diese Umstrukturierung funktioniert vorerst recht gut.

Rapids größte Aktion entstand wie nahezu alle aus einer Standardsituation, von denen die Bullen mit ihrer aggressiven Spielweise recht viele verursachten. Eine Hofmann-Freistoßflanke in Minute 58 gelangte mit etwas Glück in den Radius von Salihi, dessen Fallrückzieher Tremmel aber an die Latte setzen konnte.

Auch nach 60 Minuten war nicht zu sehen, dass ein Team den bitter nötigen Sieg erzwingen wollte. Die Teams neutralisierten einander, ohne große Risiken einzugehen. Etwa zu diesem Zeitpunkt stellte Moniz ein Detail um. Offenbacher legte sein Spiel einen Tick defensiver an, Svento und Zarate machten das Spiel breiter und standen höher. So streckten sie die Rapid-Abwehr und gaben Leitgeb mehr Anspielstationen vor sich, der sich zudem mit etwas mehr Raum auch einen größeren Bewegungsradius schaffen konnte. Im Korsett des 4-1-4-1 scheint Leitgeb manchmal zu eng eingesetzt, wenn ihm das System etwas Platz erlaubt, wird er oft zum entscheidenden Gestalter eines Spiels.

So auch diesmal. In der 66. Minute leitete er eine Aktion über die rechte Seite ein, spielte sich zur Mitte, von wo er links Svento ausmachte und mit einem Run in den Strafraum einen Verteidiger an sich band. Svento wiederum schlug eine Flanke zurück nach rechts, wo Zarate frei stand und den Ball eiskalt unter die Latte knallte. 1:0 für Salzburg.

Vier Minuten später nahm Barisic Tanju Kayhan vom Platz, der sichtlich von den vielen Zweikämpfen entnervt war, zunehmend müde schien. Kurz davor hatte er gegen Dusan Svento ein Laufduell verloren, auch die Flanke zum Führungstreffer der Salzburger hatte in der Vorgeschichte eben eine unbedrängte Flanke über seine Seite. Michael Schimpelsberger ersetzte ihn.

Noch bevor die Hütteldorfer den Schock überwanden und angemessen auf den Rückstand reagieren konnten, kam es dann auch gleich noch dicker. Wieder war Leitgeb im Mittelpunkt des Spielzugs. Vor dem Strafraum wurde er nicht konsequent attackiert, spielte einen sehenswerten Steilpass in den Sechzehner, Zarate zog ab und hätte auch das lange Eck getroffen, aber Alan ging auf Nummer sicher und drückte seinen fünften Saisontreffer über die Linie - 2:0 (73.).

Zu spätes Erwachen

Das Spiel schien entschieden, aber Rapid warf nun endlich alles nach vorne. Bisher hatten sie mehr Ballbesitz gehabt, aber selten das Risiko genommen, mehr Leute in den Angriff zu verwickeln. Trimmel kam für Drazan (76., er ging auf die rechte Seite, Prokopic auf die linke), Nuhiu für Pehlivan (79., als zweiter Stürmer). Dazwischen verzettelte sich Salihi im Strafraum, nachdem die Hütteldorfer Cziommer im Mittelfeld unter Druck gesetzt und den Ball abgeknöpft hatten. Besonders dass jetzt mit Schimpelsberger auch von hinten mehr Druck kam, zog immer wieder die Aufmerksamkeit von Spielern auf sich und damit Löcher in die Abwehr. Mit mehr Personal im Rapid-Angriff (4-1-3-2) konnte sich Salzburg auch nicht mehr leisten, einen Spieler ganz auf Hofmann abzustellen, der deshalb das Spiel besser an sich reißen und gestalten konnte.

Rapid kam nun zu Möglichkeiten und in die gefährlichen Zonen. Der Mut der Verzweiflung wurde auch belohnt, wenn auch zu spät. Prokopic kam über links, brachte eine Flanke zu Nuhiu, der die mangelnde Zuordnung ausnutzte und den Anschlusstreffer einköpfelte (84.). In den weiteren zehn Minuten veränderte sich das Bild nicht mehr maßgeblich. Den Wechseln bei Salzburg (Georg Teigl für Svento und Joaquin Boghossian für Alan) lagen höchstens Fitness-Überlegungen zugrunde. Die Gastgeber kämpften um ihre Titelchance, liefen dabei aber ins Leere.

Fazit

Zu lange zeigten beide Mannschaften zwar starke defensive Leistungen, aber eben nicht den nötigen Willen zum Risiko. Mit einer kleinen Adaption der Formation fand Ricardo Moniz trotzdem eine Möglichkeit, Rapid zumindest zwei Mal entscheidend aufzumachen - was dank der Fähigkeiten von Christoph Leitgeb für die Bullen auch reichte. Erst als es schon zu spät war, zeigten die Gastgeber dann auch mehr als nur ein braves Spiel, gingen aufs Ganze und zeigten, dass sie sehr wohl die Mittel gehabt hätten, Salzburg öfter unter Druck zu setzen. Wer Meister werden will und dazu gewinnen muss, darf das halt nicht erst bei 0:2 unter Beweis stellen. (tsc, derStandard.at, 1.5.2011)