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Viele Kanadier wollen, dass der Premier geht. Die Chancen, dass das Realität wird, sind aber eher gering.

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Jack Layton dürfte bei den Wahlen groß abräumen.

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Seine jüngste Wahlkampagne begann der kanadische Linkspolitiker Jack Layton am Stock - die Folge einer Hüftoperation. Noch im vergangenen Jahr hatte er Prostatakrebs. Jetzt aber bewegt sich der Vorsitzende der sozialdemokratischen NDP (New Democratic Party), als würde er Flügel tragen. Denn kurz vor dem Wahlgang heute, Montag, wird er als möglicher Premier Kanadas gehandelt.

Vor zwei Wochen hätte das niemand zu denken gewagt, auch der 59-jährige Layton nicht. Seine Partei liegt in Umfragen in der Beliebtheit mit 31 Prozent knapp hinter den amtierenden Konservativen mit 36 Prozent. Die NDP hat damit die Liberale Partei Kanadas mit nur 22 Prozent überflügelt, die als offizielle Opposition diese Wahlen erzwungen hatte.

Das zeigt, wie müde die Kanadier des ehemaligen Harvard-Professors Michael Ignatieff, des Vorsitzenden der Liberalen, und seiner Partei geworden sind. Während Layton ein volkstümlicher, kumpelhafter Politiker ist, gelingt es dem 63-jährigen Ignatieff ein-fach nicht, die Sympathien breiter Schichten zu gewinnen. Viele empfinden seine Kontaktversuche mit Durchschnittskanadiern als gespielt: "Er wirkt unecht" , ist das meistgehörte Urteil.

Es war Ignatieff gewesen, der die konservative Minderheitsregierung von Premier Stephen Harper mit einem Misstrauensantrag gestürzt hatte. Dies, obwohl die meisten Kanadier keine Wahlen wollten. Die Liberalen sehen sich als die Regierungspartei Kanadas. Sie waren von 1993 bis 2006 - und im vergangenen Jahrhundert insgesamt 69 Jahre lang an der Macht. Dorthin wollten sie, seit das Vertrauen der Wähler nach Korruptionsskandalen verlorenging, auch unbedingt wieder zurück.

Aber jetzt sieht es so schlimm für sie aus, dass politische Kommentatoren die Partei aufs Sterbebett legen. "Zum ersten Mal seit 1867 ist es möglich, dass die Liberalen weder die Regierung noch die offizielle Opposition bilden werden" , schrieb The Globe and Mail.

Es scheint ungerecht: Auch der 51-jährige Premierminister Harper ist bei vielen Kanadiern unbeliebt. Aber ihm trauen sie zu, dass er Kanadas Wirtschaft am Laufen hält, und das hat bei den meisten Wählern und vor allem bei vielen Immigranten Priorität.

Jene, die trotzdem genug von Harper haben, setzen nun auf Jack Layton. Politische Experten bezweifeln aber, dass sich die neu erwachte Beliebtheit Laytons in ebenso vielen Stimmen umsetzen wird. Sie gehen auch davon aus, dass Harpers Traum von einer Parlamentsmehrheit nicht in Erfüllung gehen dürfte. Sie erwarten erneut eine konservative Minderheitsregierung - also wie gehabt. Layton erklärte dagegen kämpferisch: "Ich werde nicht aufhören, bis die Arbeit erledigt ist. (Bernadette Calonego aus Ottawa/DER STANDARD, Printausgabe, 2.5.2011)