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Grafik: APA

Wien - Mit der brummenden Konjunktur geht auch die Arbeitslosigkeit weiter zurück. Gestern konnten die deutschen Nachbarn gute Zahlen vom Arbeitsmarkt bekannt geben. Im Mai registrierte die deutsche Bundesagentur für Arbeit (BA) 2,96 Millionen Arbeitslose. Unter der Drei-Millionen-Grenze will man auch weiterhin bleiben. Heute folgt Österreich dem guten Beispiel. Auch hierzulande war die Arbeitslosigkeit auch im Mai rückläufig.

221.369 Menschen waren als arbeitslos vorgemerkt, das waren um 2,5 Prozent weniger als vor einem Jahr. Auch die Anzahl der Schulungsteilnehmer wurde weniger. In Kursen und Weiterbildungsmaßnahmen saßen 12.398 Menschen - insgesamt sind es 65.780. Dennoch hatten 287.149 Menschen keine Arbeit, um 18.118 (5,9 Prozent) weniger als im Mai 2010.

Kein Anstrum trotz Arbeitsmarktöffnung

Für Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigen die Zahlen, dass die Unternehmen "von den guten Rahmenbedingungen am Standort Österreich" profitieren. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl verweist auf den Fachkräftemangel, "der sich noch zu verschärfen droht". Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel bestätigte zwar die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, allerdings hätten Frauen und ältere Arbeitnehmer davon weniger profitiert. "Wir müssen die Erwerbschancen für Ältere ab 50, für Frauen und gering Qualifizierte verbessern", sagte Tumpel. Der vida-Vorsitzende Rudolf Kaske regte sogar eine Quotenregelung an, die Betriebe verpflichten soll, einen bestimmten Anteil an älteren Leuten zu beschäftigen.

BZÖ-Frauensprecherin Martina Schenk sieht die Frauen als große Verlierer am Arbeitsmarkt und fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto sowie eine gesetzliche Aufwertung der Gesundheits- und Sozialberufe.

Für die Grüne Arbeitnehmerinnensprecherin ist die Anzahl der Arbeitslosen nicht das entscheidende Kriterium, sie fordert "andere Maßstäbe zur Qualitätsmessung des heimischen Arbeitsmarktes". Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung sei ein Beschäftigungswachstum auch "kein überwältigender Erfolg", meinte Birgit Schatz.

Schallmauer durchbrochen

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) liest aus den jüngsten Arbeitsmarktdaten gleich mehrere positive Entwicklungen heraus. Die Zahlen seien "ein klares Zeichen dafür, dass der Ansturm an Arbeitskräften aus unseren östlichen Nachbarstaaten nicht erfolgt ist", sagte Hundstorfer am Mittwoch laut Aussendung. Außerdem sei eine "Schallmauer" durchbrochen worden, da erstmals im Mai mehr als 3,4 Millionen Menschen beschäftigt gewesen seien.

Positiv sei auch die Entwicklung am Jugend-Arbeitsmarkt: "Wir haben im Mai die geringste Lehrstellenlücke seit drei Jahren. 4.072 Lehrstellensuchenden stehen 3.301 offene Lehrstellen gegenüber. Die Lehrstellenlücke macht daher nur 771 mehr Suchende als offene Stellen aus." Insgesamt ist die Zahl der offenen Stellen mit 9,3 Prozent deutlich gestiegen (36.197), das zeige, dass sich die Wirtschaft weiter erholt, sagte der Minister.

Einen spürbaren Rückgang gab es auch bei den Langzeitarbeitslosen, also Leuten, die schon länger als ein Jahr arbeitslos sind. Ihre Anzahl sank um fast ein Drittel um 2.024 auf 4.841.

De Einstellzusagen sind um acht Prozent auf 34.678 gestiegen. Jeder sechste Arbeitslose kennt also schon seinen künftigen Arbeitgeber und auch den Zeitpunkt seines Arbeitsantrittes.

Industrie profitiert besonders

Besonders von der Konjunkturerholung profitiert hat die Industrie, wo die Arbeitslosenzahl um 18,7 Prozent zurückgegangen ist - so stark wie in keiner anderen Branche. Im Tourismus gab es hingegen eine Zunahme der Arbeitslosigkeit um 2,9 Prozent. Im Gesundheits- und Sozialwesen hat die Arbeitslosigkeit trotz einer kräftig wachsenden Beschäftigung um 5,1 Prozent zugenommen, allerdings von niedrigem Niveau ausgehend. Dafür hat man im Sozialministerium eine Erklärung: Eine hohe Beschäftigungsdynamik erhöhe "quasi automatisch" die Zahl der Aus- und Umsteiger.

Bei Männern ist die Arbeitslosigkeit mit -6,1 Prozent stärker gesunken als insgesamt, bei Frauen ist sie sogar um 1,8 Prozent gestiegen, vor allem durch die schlechte Entwicklung im Tourismus.

Die Erholung in der Industrie hat auch die "Industriebundesländer" Vorarlberg (-18,4 Prozent Arbeitslose), Oberösterreich (-13,3 Prozent) und Steiermark (-11,3 Prozent) nach oben gezogen. Mehr Arbeitslose gab es in Wien (+6,1 Prozent), Tirol (+2,1 Prozent) und Kärnten (+1,4 Prozent) - allerdings sei auch in Wien und Kärnten unter Einbeziehung der Schulungen die Arbeitslosigkeit gesunken, heißt es im Sozialministerium.

EU-weit an der Spitze

Die Arbeitslosenquote nach österreichischer Berechnung belief sich Ende Mai auf 6,1 Prozent (-0,3 Prozentpunkte), nach EU-Definition waren es zuletzt im April 4,2 Prozent. Österreich ist damit übrigens im April - gemeinsam mit den Niederlanden - wieder auf Platz eins in der EU zurückgekehrt. Beide Länder weisen mit je 4,2 Prozent die niedrigste Arbeitslosenrate unter den 27 EU-Staaten auf, teilte Eurostat am Dienstag mit. Insgesamt ging die Arbeitslosenquote leicht zurück. Im EU-Durchschnitt reduzierte sie sich von 9,5 auf nunmehr 9,4 Prozent.

Schlusslicht ist weiterhin Spanien, das unverändert bei 20,7 Prozent blieb.  Die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen lag im April 2011 im Euroraum bei 19,6 Prozent und in der EU-27 bei 20,3 Prozent. Die niedrigsten Quoten bei der Jugendarbeitslosigkeit verzeichneten die Niederlande (6,9 Prozent), Deutschland (7,9 Prozent) und Österreich (8,7 Prozent). Schlusslichter sind Spanien (44,4 Prozent), Griechenland (36,1 Prozent) und die Slowakei (35,6 Prozent). (APA/rb, derStandard.at, 1.6.2011)