Seit 16 Jahren wird der Sprachunterricht vom Verein "Bildungszentrum für chinesische Sprache in Wien" organisiert.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Tanzpädagogin Ning Teng unterichtet Ballett.

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Außerdem gibt es Gesangsunterricht.

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Und ein wenig Kung Fu.

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Die 13-jährige Shi Ting Hu freut sich über neues Wissen.

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Der chinesische Staat hat spezielle Lehrbücher für den Sprachuntericht in den Diasporagemeinden entwickelt.

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"Wir sind sehr ruhig. Wir arbeiten viel und sind gerne selbständig", sagt Guogang Zhao über seine Landsleute in Wien.

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Rund 700 Kinder und Jugendlich finden sich jede Woche in in der Wasagasse ein um Chinesisch zu lernen.

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Wie jeden Samstag geht es auch an diesem Nachmittag auf den Gängen des Bundesgymnasiums Wien 9 sehr geschäftig zu. Es ist gerade Schichtwechsel. LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen unterhalten sich angeregt auf dem Weg in die Klassen. Rund 700 Kinder und Jugendliche finden sich jede Woche hier ein um Chinesisch zu lernen.

Seit 16 Jahren wird der Sprachunterricht vom Verein "Bildungszentrum für chinesische Sprache in Wien" organisiert. Alles fing in einem viel kleineren Rahmen an, erzählt der Gründer des Vereins Guogang Zhao. Als die eigenen Kinder fünf und sechs Jahre alt waren, suchten Zhao und seine Frau nach einer Möglichkeit sie in der Muttersprache unterrichten zu lassen. "Nachdem auch unsere Freunde ähnlichen Bedarf angemeldet haben und wir in Wien keine Möglichkeit fanden, unsere Kinder in einen Sprachkurs zu schicken, haben wir selbst einen auf die Beine gestellt", schildert Zhao die Anfänge des Sprachkurses im Jahr 1996. Man mietete einen Raum in der Wiener Urania und machte sich auf die Suche nach einem passenden Lehrer. Sehr bald wuchs die Zahl der Interessierten und der Verein verlegte den Unterricht in die Wasagasse 10.

Zusatzwissen

Ja, es sei "ab und zu schon anstrengend jeden Samstagnachmittag her zu rennen", erzählt die 13-jährige Shi Ting Hu. Über das neugewonnene Wissen freut sie sich aber auch sehr. "Ich kann dann zum Beispiel im Geschichteunterricht Referate über Themen halten, die wir hier behandeln. Man hat immer Stoff und muss nicht recherchieren", sagt Shi lachend.

Die Bücher, aus denen sie und ihre KollegInnen lernen, kommen aus China. Der chinesische Staat hat spezielle Lehrbücher für den Sprachuntericht in den Diasporagemeinden entwickelt. Die Themengebiete und Geschichten, die sie behandeln sind sehr modern und international, sagt Zhao. Computertechnologie, Geschichte der Aborigines, griechische Sagen oder natürlich auch chinesische Geschichte wurden in den Lehrbüchern so aufgearbeitet, dass man den Sprachuntericht im Ausland in zwölf aufeinanderfolgenden Stufen aufbauen kann. Daran orientiert sich auch der Lehrplan im Bildungszentrum in der Wasagasse. Die Bücher bezieht der Verein kostenlos aus China, bezahlt werden lediglich die Transportkosten. Diese werden, genauso wie die Lehrergehälter und die Miete für die Schule, von den Mitgliedsbeiträgen der Eltern finanziert. Das seien rund 200 Euro pro Kind und Jahr, erklärt der Vereinsleiter. Bei mehreren Kindern gibt es Rabatte.

Tanz und Kampfkunst

Mittlerweile wird den Kindern und Eltern weit mehr als nur Sprachunterricht geboten. Im weiträumigen Turnsaal des Gymnasiums wird Tanz unterrichtet. An diesem Samstag gibt es "kreativen Kindertanz" erzählt die Tanzpädagogin Ning Teng. Außerdem leitet sie zwei weitere Gruppen: Jazzdance und modernes Ballett für die älteren Kinder. Die Anweisungen gibt die 24-jährige ihren kleinen Tänzerinnen in Deutsch und Chinesisch.

Zwei Stockwerke höher geht es beim Kampfsportlehrer Simon Geiger zwar einsprachig, aber dafür auch etwas wilder zu. Während im Hintergrund ein paar Eltern ihre Tai Chi-Übungen machen, versucht Geiger eine Gruppe aufgeweckter Burschen für Kung Fu zu begeistern. Im Raum nebenan proben sechs Mädchen Tanzlieder unter den aufmerksamen Augen ihrer wartenden und mitsummenden Mütter.

Das Zusatzangebot ist auch ein wenig aus der Not geboren, erzählt der Vereinsgründer Zhao. Nachdem der Unterricht wegen der hohen Schülerzahl mittlerweile in zwei Schichten abgehalten werden muss, warten einige Kinder oft zwei weitere Stunden, bis ihre Geschwister mit dem Sprachunterricht fertig sind. Für sie und die wartenden Eltern habe man nach einer Beschäftigungsmöglichkeit gesucht, so Zhao. Für die Eltern gebe es außerdem unterschiedliche Vorträge, zum Beispiel Informationsveranstaltungen über das Leben in Österreich.

Der Schwerpunkt liegt aber noch immer auf dem Sprachunterricht, wobei Zhao betont, dass es seinem Verein nicht vordergründig um den identitätsstiftenden Moment der Muttersprache gehe. „Es geht uns um bessere Bildung für unsere Kinder. Chinesisch ist einer Sprache, die immer wichtiger wird und beim Erlernen dieser Sprache tun sich unserer Kinder leichter als andere", meint Zhao.

Nur das Beste für die Kinder

Auf Bildung der Kinder lege man in der chinesischen Community in Wien großen Wert. Unabhängig davon, ob die Eltern nach Österreich kamen um hier zu studieren oder zu forschen, oder, wie jene aus den armen ländlichen Gegenden, um hier in der Gastronomie zu arbeiten: Alle wollen sie die bestmögliche Ausbildung für ihre Kinder. Dazu gehört eben auch der Chinesisch-Unterricht, den man im Bildungszentrum in der Wasagasse jeden Samstag für Fünf- bis 18-Jährige anbietet. Zu den ältesten Schülerinnen zählt auch Jue Theresa Wang, die seit dreizehn Jahren hier Chinesisch lernt. „Zwei Stunden in der Woche reichen zwar nicht aus, aber ich kann mich problemlos mit Leuten in China unterhalten. Dort sind wir jeden Sommer um Verwandte zu besuchen", schildert die 18-jährige Gymnasiastin. Es sei nicht leicht immer motiviert zu bleiben, aber wenn man ich einem anderen Land lebt, ist Sprache wichtig „damit man seine Wurzeln nicht vergisst", sagt Theresa Wang.

Nach der Matura wird Jue Theresa Wang Wien verlassen um in England Chemie zu studieren. Genauso wie der ältere Sohn von Guogang Zhao und viele Kinder der chinesischen Einwanderer in Wien, die, so Zhao, lieber im Ausland studieren. „Wir wollen nur das Beste für unsere Kinder und glauben, dass die Universitäten im Ausland besser sind", meint er.

Angebot für österreichische Kinder

Auch für viele österreichische Eltern gehört zu einer guten Ausbildung mittlerweile auch Chinesisch-Unterricht. "Früher hatten wir fast nur chinesische Kinder, jetzt kommen auch einzelne Anfragen von anderen. Mittweile haben wir jedes Jahr eine eigene Klasse mit Kindern mit anderen Muttersprachen", berichtet Schuldirektor Zhao.

Ansonsten zeigt die Mehrheitsgesellschaft wenig Interesse am Bildungszentrum für Chinesische Sprache. In der Festschrift zum 10-jährigen Jubiläum des Vereines wird hochkarätig gelächelt: Der Bundespräsident Heinz Fischer, Wiener Bürgermeister Michael Häupl und auch die Präsidentin des Stadtschulrats Susanne Brandsteidl gratulieren herzlich und loben die Leistungen des Vereins. Kooperationspartner oder Unterstützer hat der Verein allerdings nicht. "Wir bekommen überhaupt kein Geld oder Unterstützung von staatlicher Seite", meint Zhao. Vor zwei Woche sei er das letzte Mal beim Ministerium für Bildung gewesen, ohne Erfolg. "Niemand ist für uns zuständig".

Das liege sicher auch daran, dass die chinesische Community sehr unauffällig ist, bestätigt der Schuldirektor. "Wir sind sehr ruhig. Wir arbeiten viel und sind gerne selbständig. Außerdem sind wir viel kleiner als die Gruppe der Türken oder Ex-Jugoslawen", analysiert Zhao. Damit wolle er nicht sagen, dass die Chinesen in Österreich etwa besser integriert sind, sie seien eben nur nicht sichtbar.