Die Jungen Liberalen haben ihr politisches Angebot erfolgreich beworben. Dieses unterschied sich klar von den anderen am Markt durch Alleinstellungsmerkmale. Und es wurde von einer kleinen Gruppe Studierender zu Ungunsten der Aktionsgemeinschaft nachgefragt. Ist dies paradoxerweise gerade ein Ausdruck des gegenwärtig schweren Stands wirtschaftsliberaler Positionen an der Universität?

Betrachtet man die zur Wahl gestellten Personen oder Gruppierungen als politische Angebote am Wahlmarkt, die von den Wählenden nachgefragt werden oder nicht, lässt das Ergebnis der Julis und der AG aufschlussreiche Deutungen zu. Ein politisches Angebot muss wahrgenommen werden, damit es eine reale Chance besitzt, gewählt zu werden. Dies gelang den Julis durch ihre Wahlwerbung ("Wie beschissen ist deine Uni?") und der klaren Abgrenzung ihrer Wahlmarke ("Neoliberalismus, eigentlich gar nicht so schlimm!"). Ein politisches Angebot besteht einerseits aus konkreten Forderungen zur Interessenvertretung, andererseits aus der Gewährung politischer Identität. Auch dies wurde verwirklicht durch eine klare Abgrenzung von anderen politischen Angeboten wie durch die Forderung nach Studiengebühren und Studienbeschränkungen, und einer damit verbundenen politischen Identität, die als wirtschaftsliberal bezeichnet werden kann. Dieses Angebot musste schließlich nachgefragt werden von den WählerInnen. Und dies wurde es, weil die vorhandene Nachfrage nur von den Julis in dieser Klarheit bedient wurde. Dies lässt sich aus der Situation der AG ableiten.

Studentische Volksparteien und Interessensparteien

Die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft als eine rechte catch-all Gruppierung muss sich zwingend an der politischen Mitte der Studierendenschaft orientieren, will sie dies auch weiter bleiben. Die breite Ablehnung von Studiengebühren und offen-neoliberalen Umstrukturierungen der Universitäten durch die potentiellen WählerInnen zwang die AG dazu, in vielen Punkten eine Position einzunehmen, die nicht vereinbar war mit den Forderungen und politischen Identitäten ihrer wirtschaftsliberalen WählerInnengruppe. Für diese Gruppe lieferten die Julis als spezifische Interessenpartei ein lohnendes alternatives Angebot. Es ist kein Zufall, dass insbesondere an der Wirtschaftsuniversität Wien die AG nahezu 10% verlor und die Julis umgekehrt diesen Betrag gewannen.

Was hat sich verändert, das Angebot oder die Nachfrage?

Es scheinen also einige Punkte dafür zu sprechen, dass sich mehr das Angebot von Seiten der wahlwerbenden Gruppen verändert hat, als die Nachfrage unter den WählerInnen sich hin zu wirtschaftsliberalen Positionen. Umgekehrt. Der Aktionsgemeinschaft gelang es nicht, ihre wirtschaftliberale Wahlklientel ausreichend zu binden. Dies ist zurückzuführen auf eine Veränderung der Nachfrage unter den WählerInnen, die in vielen, insbesondere sozialen Angelegenheiten, nach links gerückt ist, und mit ihr die politische Mitte und die catch-all Parteien. Der Aktionsgemeinschaft gelang es auf dieser Basis nicht mehr, ihrem Charakter als Volkspartei der politischen Mitte mit ihrem Charakter der Interessenpartei des Wirtschaftsliberalismus in Einklang zu bringen. Die Stärkung der Julis kann insofern paradoxerweise als die eigentliche Stärke ihrer größten ideologischen Gegner gewertet werden, der linken Wahlgruppierungen, die gegen Neoliberalismus an der Universität eintreten. (Leser-Kommentar, Mario Wolf, derStandard.at, 1.6.2011)