Peking - Mit einer unmissverständlichen Absage an alle Forderungen nach einem Mehrparteiensystem haben Chinas Kommunisten am Freitag den 90. Jahrestag ihrer Parteigründung begangen. Während eines Festakts in der Pekinger Großen Halle des Volkes betonte Staats- und Parteichef Hu Jintao vor Tausenden von Funktionären, China werde weiter "die sozialistische Demokratie unter der Führung der Kommunistischen Partei" entwickeln, dazu gehörten innerparteiliche Demokratie und Gleichheit vor dem Gesetz. Zugleich warnte er vor wachsenden Problemen und rief zur Bekämpfung der Korruption auf.

"Die ganze Partei ist mit zunehmenden Schwierigkeiten konfrontiert", sagte Hu in seiner Ansprache. Die Probleme seien auf die "Inkompetenz" einiger Mitglieder und deren "Entfernung vom Volk" zurückzuführen. Es sei dringender denn je, dass die Partei ihre über 80 Millionen Mitglieder zur Disziplin auffordere. In den vergangenen Jahren fanden Zehntausende von Parteiausschlüssen statt. Im Vorjahr war der Ex-Minister und frühere Chef des chinesischen Atomprogramms, Kang Rixin, in einem Korruptionsprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, nachdem er seinen Sitz im Zentralkomitee der KP verloren hatte. Er soll mehrere Millionen US-Dollar vom französischen Nuklearkonzern Areva bekommen haben. Die Partei hatte schärfere Vorschriften für die Korruptionsbekämpfung in den eigenen Reihen und in der Staatsverwaltung erlassen und damit den Misserfolg vorheriger Massenkampagnen eingestanden.

Hu sagte, China werde "noch für eine lange Zeit auf der ersten Stufe des Sozialismus" bleiben. Die Partei müsse in einer Zeit großer globaler Umwälzungen den "Sozialismus mit chinesischen Merkmalen" weiterentwickeln und sich für Talente öffnen. Die 80-minütige Rede wurde direkt im Fernsehen übertragen. Nach einer Analyse der Website plagiarisma.net eines 800 Worte langen Redeteils war der Text zu 97 Prozent eine Wiederholung älterer Ansprachen. Hu nahm 23-mal Bezug auf den Marxismus, halb so viel wie sein Vorgänger Jiang Zemin vor zehn Jahren. Er erwähnte den 1976 verstorbenen Parteigründer Mao Zedong sechsmal, während Jiang das zwölfmal getan hatte, und betonte stärker den sozialen Zusammenhalt.

Der 84-jährige frühere Staats- und Parteichef Jiang Zemin nahm nicht an der Feier teil. Nach Hongkonger Medienberichten soll er "schwer erkrankt" sein und sich in einem Pekinger Militärkrankenhaus befinden. Der Shanghaier Politiker war 1989 nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung und dem Sturz von Zhao Ziyang KP-Generalsekretär geworden und hatte 1993 auch das Amt des Staatspräsidenten übernommen. In beiden Funktionen wurde er 2002 beziehungsweise 2003 von Hu abgelöst.

Die chinesischen Behörden gehen nach Erkenntnissen der internationalen Menschenrechts- und Gefangenenhilfe-Organisation Amnesty International verstärkt gegen Menschenrechtsanwälte vor. Damit wolle das Regime in Peking Aufständen wie in den arabischen Ländern vorbeugen, stellte Amnesty in einem am Donnerstag präsentierten Bericht fest. UNO-Menschenrechts-Hochkommissarin Navanethem (Navi) Pillay hat die Führung in Peking wegen des Empfangs des sudanesischen Staatschefs Omar al-Bashir hart kritisiert. Gegen Bashir hat der Haager Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur erlassen. Bashir war am Mittwoch in Peking von Hu mit höchsten protokollarischen Ehren empfangen worden. China hat Milliarden im Sudan investiert, vor allem in der Ölindustrie. (APA)