Wien - Im Rechtsstreit zwischen der Meinl Bank und Anlegern wegen der früheren Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) ist erneut ein Urteil gefällt worden, das möglicherweise auch Auswirkungen auf andere Rechtsstreitigkeiten haben könnte. Ein Kunde wollte laut Klage MEL-Aktien über die Meinl Bank erwerben, entgegen dem Auftrag habe die Bank aber Zertifikate um 81.400 Euro ins Depot gebucht. Das Oberlandesgericht Wien hat unter der Aktenzahl 2 R 269/10h ein Urteil des Handelsgericht Wien wegen "Falschlieferung" bestätigt und die Berufung der Meinl Bank abgewiesen, berichtet die Wiener Zeitung.

Gegenüber dem Kunden wurde laut Klage "wissentlich falsch behauptet, dass man ihm Aktien verschafft habe". Der von Rechtsanwalt Michael Winischhofer vertretene Anleger hat die Meinl Bank auf Rückabwicklung der Veranlagung geklagt.

"Wird anstelle des Kaufgegenstandes etwas anderes übergeben (Aliudlieferung), ist das als Nichterfüllung (des Vertrages) zu werten und der Rücktritt offen", zitiert die Wiener Zeitung das OLG-Urteil. "Aufgrund der völlig anderen Rechtsstellung des Zertifikatsinhabers im Vergleich zum Aktionär ist unabhängig von weiteren erheblichen Unterschieden die Qualifikation der MEL-Zertifikate als absolutes Aliud gerechtfertigt."

Meinl Bank nicht einverstanden

Die Bank ist sich keiner Schuld bewusst: "Die Meinl Bank hält die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Wien für unrichtig", so Meinl-Bank-Sprecher Thomas Huemer. Das Oberlandesgericht Graz habe in einem Urteil vom März 2011 "in derselben Rechtsfrage im Sinne der Bank geurteilt und das Vorliegen eines Aliud ausdrücklich verneint".

Die Bank hatte die MEL-Papiere in Verkaufsfoldern als "Aktien" bezeichnet. Vor Gericht argumentierte die Meinl Bank, dass die Zertifikate "lediglich der Einfachheit halber als Aktien beworben wurden, weil es angeblich eine weitgehende Übereinstimmung der Rechte von Aktien und Zertifikaten gebe". Für das Oberlandesgericht ist diese Rechtfertigung ein "Wunschsachverhalt" der Bank.

Die Meinl Bank werde keine Revision gegen das Urteil des OLG Wien beim OGH einbringen, da die Frage bereits in einem anderen Verfahren vor dem OGH anhängig sei, zitiert die "Wiener Zeitung" den Bank-Sprecher.

Damit wird eine Besonderheit der MEL-Papiere möglicherweise zum Bumerang für die Meinl Bank: Verkauft wurden in Österreich Zertifikate, keine Aktien. Die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) war im Aktienregister in Jersey, am Sitz der MEL, als Aktionärin eingetragen, um den Handel mit den Papieren an der Wiener Börse zu ermöglichen. Die Kontrollbank stellte für die MEL-Aktien sogenannte ADC (Austrian Depositary Certificates, 'Zertifikate') aus. (APA)