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François Hollande, Martine Aubry und Ségolène Royale beim Parteitag der PS.

Foto: Reuters/Tessier

Noch ein Donnerschlag. Nach Strauss-Kahns sensationeller Verhaftung im Mai freuten sich die französischen Sozialisten gestern über einen neuen "Theatercoup" - diesmal zugunsten ihres langjährigen Hoffnungsträgers. "Ich hoffe, dass die amerikanische Justiz die ganze Wahrheit herstellt und Dominique aus diesem Albtraum befreien wird" , meinte Parteichefin Martine Aubry am Freitag.

Wie schon im Mai stellt sich damit sofort die Frage nach den politischen Konsequenzen der "DSK-Affäre" . Strauss-Kahn war bis zu seiner Festnahme klarer Umfragen-Spitzenreiter der französischen Präsidentschaftswahlen gewesen. Seither haben prominente Sozialisten wie François Hollande und Martine Aubry ihre eigene Kandidatur angemeldet, um das Vakuum auf der Linken zu füllen und den bürgerlichen Präsidenten Nicolas Sarkozy herauszufordern.

Comeback

Und jetzt? Steht Strauss-Kahn vor einem Comeback? Einzelne seiner Anhänger wie die Sozialistin Michèle Sabban, Vizepräsidentin der Region Paris, verlangen bereits, dass die angelaufene Primärwahl der Parti Socialiste bis auf weiteres suspendiert werde. Parteisprecher Benoît Hamon erwiderte, die Prozedur bleibe vorläufig aufrechterhalten: Bis am 13. Juli müssen die Kandidaturen eingereicht werden, der Entscheid fällt im Herbst.

Pariser Kommentatoren rechnen eher nicht damit, dass Strauss-Kahn noch antreten könnte. Der Chefredakteur des Wochenmagazins L'Express, Christophe Barbier, meinte noch vor dem Gerichtstermin, die Affäre werde auf jeden Fall ihre Spuren hinterlassen, habe sie doch die "psychologische Schwäche" des notorischen Schürzenjägers gezeigt. "Dominique Strauss-Kahn wird nicht mehr Präsidentschaftskandidat sein können", meint Barbier.

Ganz so klar liegen die Dinge vielleicht nicht. Gewiss hat auch die Miete einer monatlich 50.000 Dollar teuren Luxuswohnung in Manhattan dem Image des potenziellen Linkskandidaten Strauss-Kahn schwer geschadet.

Noch ein Jahr bis zur Wahl

Die kategorischen Prognosen wirken etwas verfrüht. Bis zu den Präsidentschaftswahlen im Mai 2012 vergeht noch fast ein Jahr. Sarkozy ist angeschlagen, Hollande und Aubry gelten als zweite Wahl, und Strauss-Kahn könnte vom Mitleidseffekt profitieren.

Seine Affäre hat die französische Politik erschüttert, weitere Überraschungen sind fast vorprogrammiert. Auch deshalb, weil die in Gang gekommene Debatte über seine Person hinausgeht.

Sie betrifft auch das Nachrücken der französischen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde an die Spitze des Internationalen Währungsfonds. In Paris hat der Sturz von "DSK" eine ganze Regierungsumbildung bewirkt. "Müssen jetzt alle wieder zurück auf ihren alten Posten?", fragte die französische Internetzeitschrift Rue89 sarkastisch. (Stefan Brändle, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2./3.7.2011)