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Vor den 6000 jüdischen Gästen traf die Makkabi-Fackel ein. Auch Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg hat sie getragen.

Foto: APA /Van Bakel

Wien - Die Entscheidung des Makkabi-Weltkongresses für Wien als Austragungsort sorgte nicht nur in jüdischen Kreisen für Aufsehen: Immerhin findet die Top-Veranstaltung der jüdischen Sport-Amateure damit erstmals auf belastetem deutschsprachigem Boden statt, in einem Land, das den Holocaust mitverantwortet.

Die Organisatoren erwarten ab Dienstag für eine Woche lang insgesamt 6000 jüdische Besucher in Wien - 2100 aktive Sportler und deren Betreuer und Angehörige. Die Veranstalter sind stolz darauf, dass Amateure und ganze Familiendynastien in den verschiedenen Altersklassen antreten.

Die Spiele sollen "mega" werden, hofft Organisator Oskar Deutsch, Makkabi-Österreich-Chef und Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Bundespräsident Heinz Fischer wird sie am 6. Juli am Wiener Rathausplatz feierlich eröffnen, mit Fackellauf und Konzert. "Wir sehen das als eine neue Art der Begegnung mit der Bevölkerung in Wien", sagt Deutsch. "Es geht um ein Miteinander - ohne Wühlen in der Vergangenheit."

Sport als Emanzipationsakt

Die Stadt Wien finanziert den Event zu einem Drittel. Rund 7,5 Millionen Euro an Wertschöpfung rechnet sich der Wiener Tourismusverband für die knappe Woche aus, in der die "Makkabis" in Wien sein werden. Es wäre freilich nicht Wien, gäbe es nicht am üblichen Rande ein paar Misstöne: So sorgte sich die FPÖ des zweiten Bezirks bereits im Vorfeld, feiernde jüdische Sportler im am Donaukanal gelegenen Lokal "Tel Aviv Beach" könnten Anrainer mit zu viel Lärm belasten - und stellten einen Antrag auf erhöhten Lärmschutz im Bezirksparlament. Eine "vordergründige Aktion", schäumt Wiens Bürgermeister Michael Häupl.

Makkabi-Spiele, benannt nach dem legendenumwobenen antiken Heerführer Judas Makkabäus, haben eine große Tradition im Judentum. In der zionistischen Bewegung galt die körperliche Ertüchtigung als Emanzipationsakt der Juden, die Gründung zahlreicher Sportvereine sollte Ausdruck eines neuen jüdischen Selbstbewusstseins sein. 1901, beim fünften zionistischen Weltkongress in Basel, kam es darüber sogar zu Auseinandersetzungen. Martin Buber und Haim Weizmann kritisierten Theodor Herzl, weil dieser kein Geld für neue "jüdische Kulturausbildungsstätten" ausgeben wollte und stattdessen die Gründung von Sportvereinen unterstützte. Buber forderte vom Zionistenführer aus Wien "mehr politische Gegenwartsarbeit".

Jüdischer Sport prosperierte, ungeachtet dieses kulturpolitischen Streits. 1930 fand in Antwerpen ein "Jüdischer Turntag" statt, 1932 in Tel Aviv die erste Makkabiade.

Die Nationalsozialisten verboten den Juden erst die Mitgliedschaft in Vereinen, dann überhaupt das Betreiben von Sport. Es folgten Verfolgung und Vernichtung. Sechs Millionen Juden wurden ermordet.

Auch der jüdische Sport bewältigte dieses Trauma nur sehr langsam. Erst 30 Jahre später, 1959, fungierte Kopenhagen als Gastgeber Europäischer Makkabi-Spiele.

Ihrer Geschichte entkommen weder die Spiele noch die Stadt. Schon einmal, vor mehr als 20 Jahren, hat sich Wien für die Austragung der Spiele beworben. Vergeblich. Damals war Kurt Waldheim Bundespräsident. "Was soll ich noch mehr dazu sagen", sagt Deutsch. Allerdings: "Ohne den Restitutionsvertrag von 2001 hätten wir wohl auch diesmal keine Chance gehabt." Die in Washington vereinbarte Rückgabe des Hakoah-Sportzentrums und der Neubau im Prater haben wohl den Ausschlag gegeben. (DER STANDARD Printausgabe; 2., 3. Juli)