Sigmar Polkes "Dschungel", eines der größten jemals geschaffenen Rasterbilder, gefiel zum Rekord von 6,39 Millionen Euro.

Foto: Sotheby's

Fünf neue Künstlerrekorde, 19 Zuschläge jenseits der Ein-Million-Pfund-Marke und mit 78,81 Millionen Pfund (87,95 Mio. Euro) das zweithöchste Ergebnis in der Chronik der Sparte Contemporary & Post War lauten die mehr als passablen Koordinaten, mit denen Christie's Dienstagabend dieser Woche sein Territorium markierte. Rund 52 Millionen Pfund davon trugen die zehn höchsten der insgesamt 53 Besitzerwechsel bei, angeführt von Francis Bacons Study for a Portrait (1953), für das ein Privatsammler 17,96 Millionen Pfund (20,04 Mio. Euro) bewilligte und allein damit 23 Prozent des Gesamtumsatzes übernahm. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dieses Meisterwerk hätte sich nicht verkauft (und womöglich die Schuld an einer tristen Bilanz getragen), zeigt sich hier einmal mehr die wachsende Abhängigkeit der Auktionshäuser von solchen Kunstwerken, die überdurchschnittliche Nachfrage zu generieren imstande sind.

Gegen den Mainstream

Immerhin, den Titel "höchster Zuschlag der Woche" konnte Christie's verteidigen, aber mehr auch nicht. Die Expertentruppe von Sotheby's bewies neuerlich das bessere, weil treffendere Gespür für die Befindlichkeiten der weltweit verstreuten Community, die ihre Moneten bei entsprechender Qualität gern auch abseits des Angebots-Mainstreams springen lassen.

Der erste Coup dieser Art glückte Sotheby's im Februar vergangenen Jahres mit der Sammlung Lenz Schönberg, die 48 Werke der Zero-Gruppe umfasste und die Erwartungen mit einem Einspielergebnis von 26,4 Millionen Euro verdoppelte - und, die jüngere Chronik des Kunstmarkts in ein Davor und ein Danach teilte. Der zweite Coup gelang jetzt mit der Sammlung Dürckheim, wobei es sich nur um eine Auslese von deutscher Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre handelte, von denen sich Christian Graf Dürckheim zu trennen bereit war.

Und während sich Letzterer die Zeit mit Fliegenfischen in Schottland vertrieb, stürmten seine bisher fern der Öffentlichkeit gehüteten Schützlinge im Zuge des Evening Sales (29. 6.) die Bühne: Fünf von ihnen bescherte dieser Auftritt neue Bestmarken, darunter Sigmar Polke ( Dschungel, 6,39 Mio. Euro) oder Georg Baselitz, für dessen Spekulatius Acquavella Galleries 3,59 Mio. Euro berappte, einen Preis, den Thaddaeus Ropac an diesem Abend nicht zu überbieten bereit war. Insgesamt spielten die 34 Positionen der Dürckheim-Kollektion mehr als 67 Millionen Euro und damit ein Vielfaches der Erwartungen ein. 45 weitere Besitzerwechsel, angeführt von Francis Bacons Crouching Nude (9,25 Mio. Euro), sowie 29 Zuschläge jenseits der Ein-Million-Pfund-Marke (45 jenseits der Ein-Million-Dollar-Marke) summierten sich hier auf ein Total von 108,8 Millionen Pfund (120,92 Mio. Euro), der höchste je in dieser Sparte in London erzielte Umsatz überhaupt - made by Sotheby's. (kron, DER STANDARD/Printausgabe 2./3. Juli 2011)