Wien - Aktuelle Altersbestimmungen des Lonar-Kraters im indischen Bundesstaat Maharashtra sorgen für große Überraschung unter Geologen: Mit etwa 570.000 Jahren dürfte der durch einen Meteoriteneinschlag entstandene Krater etwa zehnmal älter sein als bisher angenommen. Dafür spricht eine erstmalig durchgeführte Isotopen-Altersbestimmung. Die unter Beteiligung des Wiener Impact-Forschers Christian Köberl erfolgte Studie wurde im Fachjournal Geology veröffentlicht.

Rund 180 Meteoritenkrater sind auf der Erde bekannt. "Von nur knapp einem Drittel gibt es vernünftige Altersdaten", so Köberl. Dazu habe auch der Lonar-Krater gezählt, doch mittels der neuen Methode hat sich herausgestellt, dass bisherige Altersangaben "vermutlich nicht mehr richtig sind". Gleichzeitig lässt das Ergebnis auch zweifeln, wie gut die Alterseinschätzung anderer Krater ist.

Datierung

Der Lonar-Krater galt mit einer datierten Entstehung vor rund 12.000 bis 62.000 Jahren - in der Literatur findet sich auch häufig die Angabe von 52.000 Jahren - als jung. Das nun ermittelte Alter von 570.000 Jahren (plus/minus 47.000 Jahre) basiert auf einer Argon-Argon-Isotopenmessung.

"Mit dieser Methode konnte man bisher nur sehr schwer geologische Ereignisse jungen Alters datieren", so der Wiener Universitätsprofessor und Generaldirektor des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien. Mittlerweile bietet sich den Geologen die Isotopenmessung aufgrund von Verfeinerungen, etwa der Verbesserung der Detektoren, auch für die Datierung von jüngeren Ereignisse mit einer Entstehung bis vor 10.000 Jahren an.

So kam Köberl, der Basaltproben vom Lonar-Krater bei einer Expedition vor einigen Jahren gesammelt und seither daran auch detaillierte chemische Untersuchungen vorgenommen hat, auf die Idee: In Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen wurde die Messmethode bei dem als jung geltenden Lonar-Krater angewendet - "mit einem überraschenden Ausgang", so Köberl.

Seltenheitswert

Der nun als alt anzusehende Einschlag-Krater hat durch seine Lage auf den Flutbasaltablagerungen in der indischen Region Dekkan Seltenheitswert. Er zählt mit einem Durchmesser von 1,8 Kilometern und einer Tiefe von 150 Metern zwar zu einem eher kleineren Vertreter von Meteoritenkratern auf der Erde. Doch er ist der einzige "einfache", also schüsselförmige Meteoritenkrater - ohne Zentralberg - in Basalten auf der Erde.

Genau diese Eigenschaften ließen die Experten lange davon ausgehen, dass es sich um einen vulkanischen Krater handelt. Erst im Jahr 1896 wies der US-amerikanische Geologe G.K. Gilbert auf entsprechende Ähnlichkeiten mit Meteoritenkratern, genauer mit dem heute sogenannten Barringer-Krater im US-Bundesstaat Arizona, hin.

Die heutigen Erkenntnisse der Forscher zum Alter und zu den morphologischen, chemischen und geologischen Eigenschaften des Lonar-Kraters könnten in ferner Zukunft einmal, so Köberl, wichtig für die Analyse von Gesteinsproben von anderen Planeten sein. "Durch seine Basalt-Lage ist der Lonar-Krater ein gutes Analog etwa für Krater auf dem Mars." Denn er ist der einzige Krater seiner Größe auf der Erde, wo die Geologen das Verhalten von den - durch den großen Druck beim Meteoriteneinschlag - geschockten Basalten studieren können. (red/APA)