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Hier geht's wohl nicht ums Auto, auch wenn die weiblichen Putin-Fans zur Unterstützung des Premiers ein Produkt der russischen Kfz-Industrie aufpolieren.

Foto: dapd/Metzel

Leicht bekleidete junge Damen auf schwindelerregend hohen Absätzen sind in Moskau kein ungewöhnlicher Anblick. Wenn diese sich allerdings beim Waschen von alten, dreckigen Ladas die Finger schmutzig machen und verkünden, dass sie für Premier Wladimir Putin wirklich alles machen würden, dann ist das untrüglich ein Zeichen dafür, dass der Wahlkampf auf vollen Touren läuft.

Die selbsternannte "Armee Putins" ist die neueste Erfindung der russischen Polittechnologen. Die jungen Damen in Bikinis, die in Internetvideos sogar zum Strippen für Putin aufrufen, sollen das Image der Regierungspartei Einiges Russland (ER) aufpeppen.

Die Umfrageergebnisse von ER, die mittlerweile als starre Bürokratenpartei wahrgenommen wird, sind im Keller. Die von Putin im Mai neu gegründete Allrussische Volksfront hat bisher auch noch nicht den erwünschten Stimmungswandel herbeigeführt.

Andere Parteien wie die 2006 mit Kreml-Unterstützung gegründete Partei Gerechtes Russland trifft es noch härter: Sie steht am Rande der Auflösung. Nachdem der Vizesprecher der Staatsduma, Alexander Babakow, ausgetreten und zu Putins Volksfront gewechselt ist, könnten ihm demnächst weitere prominente Parteimitglieder folgen. Laut der Tageszeitung Wedomosti werden Putins Judo-Trainingspartner Wassili Schestakow und mindestens fünf weitere Abgeordnete demnächst zur Volksfront überlaufen.

Frustrierte Mittelschicht

Der Grund für den Niedergang der zweiten Kreml-Partei, die einer sozialdemokratisch ausgerichteten Partei nachempfunden wurde, liegt darin, dass die russische Führung keine Verwendung mehr für ihre Kreation hat. Favorisiert wird derzeit die Partei Rechte Sache, die mit dem Oligarchen Michail Prochorow als Vorsitzendem an Gewicht gewonnen hat und die frustrierte Mittelschicht ansprechen soll.

Für Gerechtes Russland ist da kein Platz mehr, was auch aktuelle Umfragen der staatsnahen Meinungsforscher WZIOM zeigen. Demnach kommt Gerechtes Russland gerade einmal auf 7,2 Prozent. Generell nimmt die Politikverdrossenheit zu. Laut einer Umfrage des Instituts Lewada sind 53 Prozent der Befragten überzeugt, dass es am 4. Dezember nur die Imitation einer Wahl gibt. Fast zwei Drittel glauben, dass es bei der Wahl eigentlich nur um den Zugang der verschiedenen Beamtenclans zum Staatshaushalt geht. 72 Prozent sind für die Wiedereinführung der Wahlmöglichkeit "Gegen alle" auf dem Stimmzettel.

Ein Grund für die Politikverdrossenheit ist laut Politologen die wachsende Unsicherheit darüber, wer im März 2012 zur Präsidentenwahl antritt. Weder Putin noch Amtsinhaber Dmitri Medwedew haben sich bisher deklariert. In einem offenen Brief rufen Igor Jurgens und Jewgeni Gontmacher, politische Berater Medwedews, den Kreml-Chef zur Kandidatur auf. Ein Verzicht würde eine große Krise in Russland auslösen und dazu führen, dass noch mehr Kapital aus dem Land abgezogen wird. Den Stabilisierungskurs Putins bezeichnen sie als "Synonym für Talfahrt, Verfall und nationale Katastrophe". (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Printausgabe, 2.8.20011)