"Es überrascht mich, dass in diesem Fall bereits zum zweiten Mal gefälschte fotografische Bildnachweise von Samsungs Produkten auftauchen. Das ist unangemessen und untergräbt Apples Glaubwürdigkeit innerhalb sowie außerhalb des Gerichtssaals", sagt Rechtsexperte Mark Krul.

Foto: WebWereld.nl

Vergangene Woche hatte Apple als Beweis für Samsungs vermeintliche Produkt-Abkupferung vor dem Düsseldorfer Gericht ein manipuliertes Foto vorgebracht, das die Ähnlichkeit zwischen iPad und Galaxy Tab 10.1 beweisen soll – der WebStandard berichtete. Dies hatte das niederländische Techportal WebWereld.nl aufgedeckt. Nun bringt der kalifornische Konzern ähnliche Beweise beim Gericht in Den Haag vor, wo der Vorwurf behandelt wird, Samsungs Galaxy S Smartphones seien vom iPhone 3G abgekupfert, berichtet IT-World.

iPad 2 versus Galaxy Tab 10.1

Die von Apple vorgelegten Bilder sollen auf die Ähnlichkeit der Geräte hinweisen. Ähnlich scheint hier aber vor allem die Vorgehensweise Apples, die an die veränderten und nicht der Wahrheit entsprechenden Foto-Vergleiche iPad 2 versus Galaxy Tab 10.1 erinnern. Bei der Anhörung vergangene Woche in Düsseldorf hatte Samsungs Anwalt Bas Berghuis Apple vorgeworfen, "Beweismittel manipuliert, um Samsungs Geräte jenen von Apple anzugleichen".

Analyse der Klageschrift ergibt "Photoshop-Disaster"

In einer Analyse der Klageschrift, die nur am Gericht in Den Haag eingesehen darf, fand WebWereld heraus, es handle sich bei den am niederländischen Gericht vorgelegten Dokumenten erneut um "Photoshop-Disaster". Das Samsung Galaxy S ist entgegen der vorgelegten Fotos breiter und größer als das iPhone 3G. In seinem schriftlichen Vorwurf bestätigt Apple, das Galaxy S habe auch "einige nicht-identische Elemente, wie etwas größere Maße". Auf dem Bild aber wurde das Samsung-Smartphone gleich um sechs Prozent geschrumpft, was es dem iPhone optisch annähert.

Apple hat außerdem eine unbekannte Anzahl von Bildern vor Gericht vorgebracht, die Apple-Produkte Seite an Seite mit Samsungs Smartphones und Tablets zeigen. Diese stehen jedoch nicht zur öffentlichen Prüfung zur Verfügung.

Untergräbt Apples Glaubwürdigkeit

Der niederländische Rechtsanwalt Mark Krul und Spezialist für IT und Immaterialgüterrechte (geistiges Eigentum) zeigt sich erstaunt über die Aufdeckungen: "Es überrascht mich, dass in diesem Fall bereits zum zweiten Mal gefälschte fotografische Bildnachweise von Samsungs Produkten auftauchen. Das ist unangemessen und untergräbt Apples Glaubwürdigkeit innerhalb sowie außerhalb des Gerichtssaals."

Anhörung am 15. September

In den Niederlanden möchte Apple ein komplettes Verbot auf alle Galaxy Smartphones und Tablets in der Europäischen Union erwirken, inklusive Rückruf aller Geräte bei europäischen Lieferanten und Händlern. Die nächste Anhörung am Haager Gericht ist für den 15. September anberaumt. In Deutschland hat am Dienstag das Düsseldorfer Gericht die einstweilige Verfügung, womit Samsungs Galaxy Tab 10.1 ein Verkaufsverbot in allen EU-Staaten mit Ausnahme der Niederlande erteilt wurde, wieder aufgehoben.

Neben den Verhandlungen zu Apples Produktdesign-Vorwürfen gegen Samsung liefern sich die beiden Konzerne außerdem noch zahlreiche Patentschlachten. (ez, derStandard.at, 20. August 2011)