Wien - Mit Mitternacht trat das Gesetz in Kraft, mit dem die Korruptions-Staatsanwaltschaft ab heute zur Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) wird. Heute wird die neue Verfolgungsbehörde an ihrem neuen Standort in der Hinteren Zollamtsstraße offiziell eröffnet.

Da es Probleme bei der Rekrutierung gab, wird sie vorerst in reduzierter Besetzung (15 statt letztlich 40 Staatsanwälten) und mit eingeschränkten Kompetenzen ans Werk gehen. Personell soll die Korruptionsstaatsanwaltschaft langsam aber sicher auf 40 Staatsanwälte anwachsen. Die Schwierigkeit bei der Rekrutierung von zusätzlichem Personal ergibt sich unter anderem daraus, dass die Ausbildung von Staatsanwälten immerhin vier Jahre dauert. Gegenzusteuern versucht man durch das Anwerben von Rechtsanwälten, die angesichts ihrer Vorkenntnisse eine kürzere Ausbildungszeit haben.

Geringe Bezahlung lockt zu wenig Korruptionsjäger an

"Es kann niemand Staatsanwälte im Supermarkt beschaffen", meint Korruptionsstaatsanwalt Walter Geyer im Ö1-Morgenjournal angesprochen auf die Personalsituation. Dass nur wenige junge Rechtsanwälte zum Wechsel in die Justiz, noch dazu in Wirtschaftsangelegenheiten, zu bewegen sind, sei auch auf die geringe Bezahlung zurückzuführen: "Das ist ein Faktum", sagt Geyer. Dass daher die "Profis" auf der Seite der Angeklagten sitzen würden, bestreitet Geyer: "Wir sind auch Profis."

Nicht für Causa Telekom zuständig

Die Causa Telekom falle laut Geyer nicht in die Zuständigkeit der neuen WK-Staatsanwaltschaft. Seine Behörde sei grundsätzlich nur für jene Fälle zuständig, die ab 1.9. angezeigt werden, begründet Geyer den Umstand, dass seine Korruptionsstaatsanwälte in diesem Korruptionsfall nicht ermitteln. Es werde aber bereits gegen einen früheren Innenminister wegen Bestechung ermittelt. Weiters gäbe es ein Verfahren gegen einen großen österreichischen Baukonzern und seit heute auch im BUWOG-Verfahren.

Skeptisch gegenüber der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses parallel zu den Justiz-Ermittlungen in der Telekom-Affäre äußerte sich am Donnerstag der Sprecher der Korruptions-Staatsanwaltschaft, Martin Ulrich. Mit einer parlamentarischen Untersuchung würde der Kreis der involvierten Personen größer. Das könnte die Koordinierung der Ermittlungen schwieriger gestalten, meinte er in der "ZiB 24".

Zuständigkeiten

Die Zuständigkeit der WKStA erstreckt sich zunächst auf das Gebiet der Amts- und Korruptionsdelikte und auf Wirtschaftsstrafsachen mit fünf Millionen Euro übersteigenden Schadensbeträgen.

Ab 1. September 2012 werden auch Finanzstrafdelikte mit fünf Millionen Euro übersteigenden Schadensbeträgen, qualifizierte Fälle des Sozialbetrugs, qualifiziertes kridaträchtiges Verhalten sowie unter anderem Vergehen gemäß § 255 Aktiengesetz oder § 122 GmbH-Gesetz bei entsprechend großen Unternehmen (Stammkapital von zumindest fünf Millionen Euro oder mehr als 2.000 Beschäftigte) in die Zuständigkeit der WKStA fallen.

Ermittlungsverfahren, die Wirtschaftsstrafsachen mit geringeren Schadensbeträgen als fünf Millionen Euro betreffen, werden weiterhin bei den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften geführt. Die WKStA kann aber die Zuständigkeit für Wirtschaftsstrafverfahren an sich ziehen, wenn besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens oder Erfahrungen mit solchen Verfahren erforderlich erscheinen (§ 20b StPO). (red, derStandard.at, 1.11.2011, APA)