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Foto: Sonic Youth

Demnächst bricht sie wieder über den Verbraucher herein, die geballte Kraft der Musikindustrie, die mit etablierten, gut abgesicherten Themen heute mehr Gerschtl macht als mit neuen Dingen - von ein paar Ausnahmen wie Lady Gaga mal abgesehen, und da stellt sich ja zumindest abseits der Phänomenologie die Frage, ob der Mensch die Musik der Dame wirklich verdient hat.

Aktuell wird die Industrie ihre Muskeln für das 20-Jahr-Jubiläum von "Nevermind" verwenden, dem zweiten Nirvana-Album, nach dem nichts mehr gewesen sein sollte wie zuvor. Erschienen war es am 24. September 1991. Ende September 2011 spielt es diesbezüglich alle Stücke, remastered Version, Deluxe-Version, Live-DVD bis hin zum fetten Boxset samt Vinyl - das volle Programm.

Dass das alles schon zwanzig Jahre her ist, schockt irgendwie, andererseits spricht der Staub im Haar eine deutliche Sprache. Dass das schon so lange zurück liegt, hat mir ein Post auf Facebook vor ein paar Tagen vergegenwärtigt. Ein ehemaliger Schulkollege hat da ein Video des kompletten Arena-Konzerts der Band aus 1991 gepostet. Drunter notierte er "Long time ago, Nirvana in Wien & i mitten drin!"

Das war eine seltsame Zeit. Jeder, der sich damals für Underground-Musik interessiert hat, wusste, die Band wird durchs Dach gehen. Das lag in der Luft - gerade auch an diesem Abend - wenngleich andere Bands damals interessanter waren. Das zeigte dann auch der Konzertabend, den Skin Yard eröffneten, dann trugen Urge Overkill ordentlich auf, den Rest besorgten am Ende Nirvana.

Nicht dass sie schlecht gewesen wären, aber derlei Bands konnte man damals relativ oft in der Stadt sehen, und Urge waren mit ihrem damals sehr ungewöhnlichen Glamour - hellblaue Anzüge, orange Sonnenbrillen, die depperten Logo-Ketten - an diesem Abend spannender. Auch haben mir Nirvana nie besonders getaugt, bis auf "In Utero", das ich sogar heute noch hin und wieder höre.

Trotzdem und/oder gerade deshalb hat mir dieses Arena-Konzert-Video getaugt. Ich habs zwar nicht ganz zu Ende geschaut, mich aber vergewissert, ob Cobains Winke-winke am Ende drauf ist. An das kann ich mich aus irgendeinem Grund erinnern, und mit heutigem Wissen beschreibt es die Zeit und seine Person ganz gut.

Gewundert habe ich mich über die Qualität von Bild und Ton. Man merkt zwar, dass das historisch ist, aber dass da jemand mit doch noch einem größeren Gerät in der damals wie immer doppelt ausverkauften Arena gestanden ist und die Show wohl noch mit einer VHS-Kamera gefilmt hat - massive respect!

Ein paar Tage später hab ich dann, wieder via FB, das Bild links oben von Cobain und Thurston Moore vom Reading Festival gesehen. Sonic Youth haben das gepostet. Angeblich gibts das sogar als Poster. Auch das beschreibt die Zeit damals recht gut.

So, hier das Arena-Video (kann wer erkennen, was auf Cobains Shirt steht?)

(Karl Fluch, 1. 9. 2011, derStandard.at)