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Deutschlands Team, im Vordergrund Bastian Schweinsteiger, wärmt locker auf. "Ich glaube, dass wir nichts anbrennen lassen", ist Bundestrainer Joachim Löw von einem Sieg überzeugt.

Foto: AP/ Frank Augstein

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Grafik: APA

Miroslav Klose sagt: "Die Welt beneidet uns." Er hat 110 Länderspiele für Deutschland absolviert, 61 Tore erzielt. Würde ein österreichischer Fußballer das behaupten, er könnte zwischen Einweisung in die Psychiatrie und einer unbedingten Freiheitsstrafe wählen. Aber es sagt eh keiner. Das ÖFB-Team hat die wesentlichste Voraussetzung für das Match erfüllt, es ist am Donnerstag knapp nach 13 Uhr in Düsseldorf gelandet. Gespielt wird am Freitag in Gelsenkirchen, in der Arena AufSchalke, die Mannschaft residiert trotzdem in Essen. Und sie fliegt von Münster aus wieder heim nach Wien. Im Ruhrpott liegt die Welt dicht beisammen.

Warum Marko Arnautovic nicht die Einheitskluft trug (grauer Anzug, weißes Hemd, dunkle Schuhe) kann nur vermutet werden. Er hatte Designerjeans und weißblaue Turnschlapfen an, das schwarze Kapperl legt er, falls überhaupt, erst vor Anpfiff ab. Arnautovic hat ja Sprechverbot, er konnte deshalb den Verstoß nicht erklären. Vermutlich hat er den grauen Zwirn vergessen, verloren, verkauft oder versetzt. Es kann natürlich auch sein, dass die 22 anderen Spieler geirrt haben, allerdings sprechen Wahrscheinlichkeit und Logik dagegen. Während des Spiels wird sich Arnautovic an die Kleidervorschriften halten müssen: rotes Leiberl, weiße Hose, rote Stutzen. Nur Torwart Christian Gratzei bekommt eine Extrawurst (grau). Gratzei erwartet übrigens "eine geile Partie".

ÖFB-Präsident Leo Windtner verspürt "ein Kribbeln", er geht davon aus, "dass die Mannschaft moralisch gut aufgestellt ist, eine gewisse Geschlossenheit ist zu erkennen. Man kann in dieser Partie mehr gewinnen als verlieren." Zur Abwechslung lässt er keine Teamchefdiskussion aufkommen. "Beide Seiten halten den Vertrag ein." Dietmar Constantini steht noch bis zum 31. Dezember 2011 im Sold der Nation. Windtner sagte sogar: "Auch bei einem 0:8 würde nichts passieren." Am 6. September, nach dem Treffen mit der Türkei in Wien, werde man auch nicht panisch handeln.
Glück erzwingen

Constantini wirkt in sich gekehrt, dünnhäutig, gereizt. Die Professionalität gebietet es, einen kurzen Ausblick zu gewähren: "Die Mannschaft soll sich stellen, sie ist laufstark und jung. Sie muss von sich aus tätig werden, das Glück erzwingen. Sie muss ausgefuchster und effizienter als zuletzt sein." Der Teamchef geht nicht von einer Belagerung des deutschen Strafraums aus. "Mit unseren schnellen Spielern müssen wir Konter setzen."

Die Aufstellung hat er nicht verraten, nach dem Trainingslager in Bad Tatzmannsdorf scheinen zehn Positionen vergeben. Die Viererkette bilden Christian Fuchs, Emanuel Pogatetz, Franz Schiemer und Florian Klein (von links). Im zentralen Mittelfeld sollen David Alaba und Julian Baumgartlinger die deutsche Dampfwalze bremsen, an den Seiten Daniel Royer und Ekrem Dag. Arnautovic mimt die Solospitze, Martin Harnik soll hinter ihm für Gefahr sorgen. Statt Dag könnte auch Erwin Hoffer zum Einsatz kommen, das wäre die offensivere Variante.

Kapitän Fuchs ist als Schalke-Legionär quasi Gastgeber. Und er stellt sich folgende Frage: Wie gewinnt man gegen Deutschland? Antworten: "Laufen bis zum Umfallen. Hellwach sein, Mut zeigen, Räume eng machen." Fuchs befürchtet allerdings, "dass sie wie die Feuerwehr loslegen werden". Die Ausgangslage ist klar, machen die Deutschen einen Punkt, sind sie Gruppensieger und für die EM in Polen und der Ukraine qualifiziert. Fuchs beunruhigt: "Die wollen immer das Maximum. Beim 2:1 in Wien haben sie uns unterschätzt und trotzdem gewonnen."

Laut Statistik ist ein Erfolg in Deutschland nicht auszuschließen. Es ist erst 80 Jahre her, da gewann das Wunderteam in Berlin mit 6:0. Und 1911 in Dresden gab es ein 2:1. Damals hat die Welt Österreich fast beneidet. (Christian Hackl aus Gelsenkirchen, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 2. September 2011)