"Alle Menschen gleichzumachen ist weder wünschens- noch erstrebenswert."

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Standard: Die ÖVP-Klausur in Saalfelden steht unter dem Titel "Leistung" in Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft. Frei nach Walter Meischberger gefragt: Wo woar die Leistung der ÖVP in letzter Zeit?

Kopf: Sie bestand darin, Österreich mit wirtschafts- wie finanzpolitischer Kompetenz besser durch die Krise zu bringen, als dies anderen Ländern gelungen ist. Derzeit befinden wir uns aber in einem Abwehrkampf, weil der Koalitionspartner unsinnige neue Steuerbelastungen verlangt, statt mit ernsthaftem Sparen zu beginnen.

Standard: Wäre es nicht hoch an der Zeit, dem SPÖ-Vorschlag für eine Vermögenssteuer eigene Konzepte entgegenzusetzen?

Kopf: Genau das tun wir. Denken Sie an die dringend notwendige Schuldenbremse oder an das Studienbeitragsmodell, dem die SPÖ nichts entgegenzusetzen hat. Es gibt keinen vernünftigen Grund, dieser klassenkämpferischen und der Neidgesellschaft geschuldeten Forderung nach einer Vermögenssteuer nachzugeben. In Österreich ist der Wohlstand sehr breit verteilt. Das Land hat keine Problem mit der sozialen Balance - weil viele Menschen bereit sind, hohe Leistungen zu erbringen.

Standard: Im Gegensatz zu Deutschland, wo gestandene Konservative angesichts der großen Pleite nachdenken, ob die Linke mit ihren Umverteilungsideen nicht doch recht hat, kündigen Sie einen Vortrag bei der Klausur an, der das Ergebnis dieses Denkprozesses vorwegnimmt: "Die Linke hat nicht recht." Aber wo bleibt Ihr Ansatz für eine gerechtere Gesellschaft?

Kopf: Jedenfalls lautet der nicht, Häuslbauer und Grundbesitzer zu enteignen. Diese Substanz zu besteuern kommt einem Diebstahl sehr nahe. Faktum ist, dass Österreich zu jenen Staaten mit der niedrigsten Spreizung zwischen den niedrigen und den höchsten Einkommen gehört.

Standard: Trotzdem sprechen Armutsexperten wie Caritas-Präsident Franz Küberl von "sozialer Schieflage".

Kopf: Österreich ist kein Land, in dem soziale Kälte herrscht. Wir haben eine Sozialquote von 30 Prozent, das bedeutet massive Umverteilung. Aber alle Menschen gleichzumachen ist weder wünsches- noch erstrebenswert. Das wäre Kommunismus.

Standard: Angesichts des Abgangs von Christine Marek als Wiener ÖVP-Chefin, die eine zerstrittene Stadtpartei mit 14 Prozent hinterlässt: Ist die ÖVP für urbane Leistungsträger mit liberaler Einstellung allzu unattraktiv geworden?

Kopf: Wien ist ohne Zweifel ein Problem. Der ÖVP ist es zu wenig gelungen, diese Stadt aus der Umklammerung der SPÖ zu befreien. Auch die entsprechende Strahlkraft von Personen hat gefehlt.

Standard: Marek wurde von der Bundespartei ein Law- and Order-Kurs übergestülpt.

Kopf: Es ist der Stadtpartei weder gelungen, den Wählern den in alle Bereiche hineinreichenden Filz der Wiener SPÖ klarzumachen, noch ein moderat-liberales bürgerliches Gegenkonzept anzubieten. Dafür braucht es nun harte Knochenarbeit - und Präsenz wie Unterstützung aus dem Bund.

Standard: Apropos Filz: Die ÖVP will nun auch einen U-Ausschuss zur Telekom. Ihre Vorstellungen, welche Causen zu beleuchten sind?

Kopf: Faktum ist, dass der U-Ausschuss, der noch vor Weihnachten beschlossen und im ersten Quartal 2012 seine Arbeit aufnehmen sollte, auf konkrete Vorwürfe eingegrenzt gehört. Wie etwa jene gegen Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach - ebenso sind alle Fragen, die Beraterhonorare für Walter Meischberger, Peter Hochegger, Alfons Mensdorff-Pouilly oder Kurt Gartlehner betreffen, aufklärungsbedürftig.

Standard: Was ist mit der milliardenteuren Blaulichtfunk-Affäre, in die Ex-Innenminister Ernst Strasser verwickelt gewesen sein soll?

Kopf: Das hat der Rechnungshof schon einmal geprüft - und auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nimmt sich dessen noch einmal an. Es macht daher kaum Sinn, das im U-Ausschuss erneut aufzurollen.

Standard: Wie lange soll der U-Ausschuss arbeiten?

Kopf: Freilich gibt es im Parlament ein paar Abgeordnete, die sich gern als Ersatzstaatsanwälte aufspielen. Aber aus meiner Erfahrung wäre alles, was über ein halbes Jahr hinausgeht, nicht zielführend - weil die Qualität der Arbeit und das öffentliche Interesse stark abnehmen.

Standard: Die neuen Antikorruptionsbestimmungen sollten wohl aber schon früh in Kraft treten?

Kopf: Bis Weihnachten gilt es nun auch eine Reihe von Gesetzen zur Abschreckung von Korruption zu beschließen: Das Lobbyingverbot, das Provisionsverbot, die Offenlegung von Parteispenden, die Transparenz bei Inseraten- und Auftragsvergaben an Unternehmen in Parteinähe.

Standard: Ab welcher Höhe sollen Parteispenden künftig nicht nur beim Rechnungshof offengelegt werden? In Deutschland etwa gilt: alles ab 5000 Euro.

Kopf: In den Verhandlungen stehen wir derzeit bei einer Offenlegung ab 7000 Euro.

Standard: Buwog, Eurofighter, Telekom: Dennoch will die ÖVP eine Neuauflage von Schwarz-Blau nicht ausschließen. Warum haben Sie eigentlich noch immer nicht genug von den Freiheitlichen?

Kopf: Es ist völlig unzulässig, die Bewertung der Tätigkeit und Erfolge der Regierung von Wolfgang Schüssel in einen Topf zu werfen mit den einzelnen Fehlleistungen blauer oder oranger Mitglieder. In Wahrheit ist die linke Jagdgesellschaft ja bis heute zutiefst getroffen, weil es einmal eine Regierung ohne ihre Beteiligung geben hat. Es spricht jedoch für sich, dass ihr die Dämonisierung von Schwarz-Blau wichtiger zu sein scheint, als die schuldigen Personen in der Telekom-Affäre zu ermitteln. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD; Printausgabe, 15.9.2011)