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Eine "Langer Marsch 2FT1"-Rakete hob den "Himmelspalast" am Donnerstag in den Orbit.

Foto: Xinhua, Wang Jianmin/AP/dapd

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Das experimentelle Modul hat einen Durchmesser von 2,8 Metern und eine Länge von neun Metern.

Foto: REUTERS/Jiuquan Satellite Launch Centre

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Der Plan zur Weiterentwicklung der chinesischen Raumfahrt inklusive Aufbau einer eigenen Weltraumstation ab 2014

Grafik: APA

Peking - China hat am Donnerstag mit dem Start eines experimentellen Moduls den ersten Schritt zur Konstruktion einer eigenen Raumstation gesetzt. Eine Rakete vom Typ "Langer Marsch 2FT1" mit dem 8,4 Tonnen schweren Modul hob vom Raumfahrtzentrum in Jiuquan in der Provinz Gansu in der Wüste Gobi ab. "Tiangong 1", übersetzt "Himmelspalast", soll zunächst Andockmanövern und Tests für die Entwicklung einer eigenen chinesischen Raumstation dienen und insgesamt zwei Jahre lang die Erde umkreisen. Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao verfolgte den Start im Kontrollzentrum in Peking.

Rund 20 Minuten nach dem Start meldete das Raumfahrtzentrum, dass "Tiangong 1" seine vorbestimmte Umlaufbahn in rund 350 Kilometern Höhe erreicht habe und die Sonnensegel ausgeklappt worden seien. Der Kommandant des Raumfahrtprogramms Chang Wanquan verkündete unter großem Beifall den "kompletten Erfolg" des Starts.

Das Raumschiff "Shenzhou 8", das "Magische Schiff", soll Anfang November folgen. Mit diesen beiden unbemannten Elementen soll heuer die ferngesteuerte Kopplung von Raumschiff und Modul im Vordergrund stehen. Im kommenden Jahr ist laut Xinhua geplant, mit den Raumschiffen "Shenzhou 9" und "Shenzhou 10" bemannte Kopplungen mit "Tiangong 1" zu üben.

Die 8,4 Tonnen schwere und neun Meter lange Testplattform soll im kommenden Jahr auch von Astronauten angeflogen und als Mini-Raumlabor genutzt werden. "Der Himmelspalast" besteht aus einem Versorgungsteil und einer Versuchseinheit. Mit 15 Kubikmetern Volumen hätten drei Astronauten Platz zum Wohnen und Arbeiten, berichtete die Sprecherin des Programms, Wu Ping.

Chinesische Raumfahrtzentren

Der Raumfahrtbahnhof Jiuquan in der Provinz Gansu ist eines von drei Raumfahrtzentren in China, ein viertes auf der südchinesischen Insel Hainan soll 2013 fertiggestellt werden. Die 1992 entwickelte Trägerrakete "Langer Marsch 2F" ersetzt das bisher zum Einsatz gekommene Modell 2C, welches am 18. August erstmals nach 15 Jahren Einsatz den Dienst versagt hatte. Die Rakete verlor die Orientierung und stürzte mit einem Satelliten ab. Wegen dieses Fehlschlags war auch der schon geplante Start von "Tiangong 1" vorübergehend verschoben worden. Mitte September wurde der Kommunikationssatellit "Zhongxing 1A" von einer Rakete des Typs "Langer Marsch 3B" erfolgreich in seine Umlaufbahn gebracht.

Aufbau einer modularen Raumstation

Laut den bisher bekanntgewordenen Plänen wollen die Chinesen ab 2014 mit dem Bau der modularen Raumstation beginnen. Sie soll aus einem 18 Meter langen Hauptteil mit 4,2 Meter Durchmesser bestehen. Später sollen zwei 14,4 Meter lange Labormodule daran andocken. Das Gewicht der Module - jeweils 20 Tonnen - wird den Einsatz von größeren, noch zu testenden Raketen vom neuen Typ "Langer Marsch 5" nötig machen.

Sollte China seine Raumstation tatsächlich wie geplant bis 2020 fertigstellen können, könnte China die einzige Nation mit einem bemannten Außenposten im All sein. Die Betriebszeit der internationalen Raumstation ISS könnte nämlich im Jahr 2020 enden - und die Station wie die russische Raumstation Mir im Pazifischen Ozean versenkt werden. Entsprechende Pläne waren von Seiten der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos im Juli verlautbart worden. Allerdings ist auch der Weiterbetrieb der ISS über das Jahr 2020 hinaus vorstellbar - so die Komponenten der Raumstation dann funktionieren, ihr Betrieb weiterhin gewährleistet werden kann und finanziert werden will.

Ambitioniertes Raumprogramm

Das Gelingen all der chinesischen Projekte wäre ein Riesenerfolg für die junge Raumfahrer-Nation, die 2003 erstmals einen Taikonauten ins All geschickt hat. 1956 wurde das erste chinesische Raketenforschungsinstitut eröffnet, 1999 die "Shenzhou 1" mit biologischen Proben in den Weltraum geschickt. China holt gegenüber den etablierten Raumfahrtnationen rasch auf: 20 Raumfahrtmissionen sollen dieses Jahr noch durchgeführt werden, zitiert die Nachrichtenagentur Xinhua chinesische Experten. Im Jahr 2010 waren es immerhin 15. Die neue Raumstation ist Teil eines ambitionierten Raumprogramms, in dem auch der Bau eines eigenen Satellitennetzes für ein Navigationssystem und auch Flüge zum Mond vorgesehen sind.

Das chinesische Raumprogramm untersteht der Volksbefreiungsarmee und verfolgt durchaus auch militärische Zwecke, selbst wenn immer friedliche Absichten betont werden. Auch Chinas Generäle wissen, wie wichtig die Kommunikation über Satelliten für den Kriegsfall ist. "Ein großer Prozentsatz der Raumfahrttechnologie ist sowohl für zivile als auch militärische Zwecke nutzbar, was indirekt den chinesischen Streitkräften dient, ähnlich wie die Entwicklung von Apollo für das US-Militär von Vorteil war", so Joan Johnson-Freese, Expertin für Chinas Raumfahrtprogramm am US Naval War College. (APA/red)