Software-Chef Jon Jenkins erklärt Amazon-Browser Silk in einem Webvideo des Onlinehändlers.

Foto: Amazon

Eines der überraschendsten Features des 199 Dollar teuren Amazon-Tablets Kindle Fire, den Unternehmenschef Jeff Bezos am Mittwoch vorstellte, ist ein eigens entwickelter Browser namens Silk (Seide). Dank dieser neuen Software soll der Nutzer mit dem Surfbrett des Onlinehändlers schneller durch das Internet brausen können als bei anderen Geräten. Datenschützer sehen in dem Amazon-Browser jedoch eine halbseidene Entwicklung.

Bewegungen der Nutzer mitlesen

Denn die im Hintergrund ablaufenden Prozesse erlaubten es dem Unternehmen auch, sämtliche Bewegungen der Nutzer im Internet mitzulesen. "Wenn Sie glauben, dass Googles Anzeigenprogramm Adwords oder Facebook Ihnen über die Schulter blicken, dann können Sie sicher sein, dass dieser Dienst garantiert alles aufzeichnet, was Sie im Netz tun", wettert Chester Wisniewski von der britischen Sicherheitsfirma Sophos in seinem Blog.

Anfrage an Amazons Rechenzentrum

Das erhöhte Tempo erreicht der Silk-Browser dadurch, dass sich das Programm dahinter zum Teil auf dem Tablet und zum Teil auf den Internetservern von Amazon befindet. Wenn nun ein Nutzer mit Amazons neuem Browser eine beliebige Webadresse aufruft, sendet der eine Anfrage an Amazons Rechenzentrum.

Hochleistungsrechner

Dort rufen Hochleistungsrechner die Seite auf, übernehmen die gesamte Kommunikation mit den zuliefernden Webservern, arbeiten in die Seite eingebettete Skripte ab und senden schließlich die fertig aufgebaute (gerenderte) Seite an das Tablet. Dessen simple Aufgabe besteht dann darin, die Seite anzuzeigen - was wesentlich schneller geht, als alle Teile auf dem Gerät selbst zusammenzutragen.

Auswertung der Informationen

Jede aufgerufene Seite, jeder Klick des Nutzers auf seinem Tablet, stellt damit auch eine einem unsichtbaren Seidenfaden ähnliche Verbindung mit Amazons riesiger Serverinfrastruktur her. Der Internetversandhändler erfährt damit alles über die Interessen seiner Kindle-Fire-Kunden und kann diese Informationen auswerten.

Datenschützer-Kritik

Die Idee dahinter ist nicht ganz neu und kommt seit Jahren in Operas mobilem Browser zum Einsatz. Doch anders als Opera, das verspricht, keine Daten zu speichern, will Datenschützern zufolge Amazon die gesammelten Informationen 30 Tage lang archivieren. Dies gehe aus den Nutzungsbestimmungen hervor.

Konsumenten stört das nicht

Konsumenten scheint dies wenig zu stören. In den USA, wo der Kindle Fire bereits vorbestellt werden kann, steht das Gerät bereits auf den Bestsellerlisten für Elektronikgeräte. Ein Erscheinungstermin für europäische Länder ist noch offen. (kat, DERSTANDARD/Printausgabe, 1.10.2011)