Los Angeles -Der Richter im Prozess um Michael Jacksons Tod hat allen beteiligten Anwälten ein Redeverbot erteilt. Nach einem Bericht der "Los Angeles Times" vom Samstag reagierte der Richter mit dieser Anordnung auf den Fernsehauftritt eines Verteidigers von Jacksons ehemaligen Leibarzt Dr. Conrad Murray. Matthew Alford hatte am Freitag in einem Interview des US-Senders NBC darauf hingewiesen, dass einer der Zeugen sich bei seiner Aussage mehrfach widersprochen habe.

Leibarzt soll gelogen haben

Der wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Leibarzt von Michael Jackson soll am Todestag des Popstars die eintreffenden Rettungssanitäter belogen haben. Conrad Murray habe falsche Angaben zu Jacksons Gesundheitszustand gemacht, sagte Sanitäter Richard Senneff am Freitag vor Gericht in Los Angeles. Laut Senneff hörte Jacksons Herz entgegen den Angaben des Arztes mindestens 20 Minuten vor der Ankunft der Helfer auf zu schlagen.

Senneff sagte, Murray habe beim Eintreffen der Sanitäter am 25. Juni 2009 um 12.26 Uhr verschwiegen, dass er seinem Patienten das starke Betäubungsmittel Propofol verabreicht hatte. Er habe lediglich angegeben, dass er dem Sänger das Beruhigungsmittel Lorazepam zum besseren Einschlafen gegeben habe. "Er hat nie das Wort 'Propofol' erwähnt." Das bestätigte vor Gericht auch ein anderer Sanitäter, Martin Blount, demzufolge Jackson "sehr blass und sehr dünn" war.

"Vor Angst wie gelähmt"

Senneff sagte, Murray habe wie vor Angst gelähmt gewirkt. Der Leibarzt habe gesagt, dass Jackson eigentlich bei guter Gesundheit sei und nur an Erschöpfung und Dehydrierung gelitten habe. Laut Senneff war der "King of Pop" jedoch schon eine Weile tot, bevor die Sanitäter fünf Minuten nach dem Eingang des Notrufs in Jacksons Villa eintrafen. Das Elektrokardiogramm habe keinerlei Herzaktivitäten mehr angezeigt. Auf seine Frage, wie lange der Herzstillstand her seit, habe Murray geantwortet, dies sei kurz vor dem Eintreffen der Sanitäter geschehen, sagte Senneff.

Diese Antwort habe er "merkwürdig" gefunden, sagte Senneff. Schließlich sei Jacksons Haut bereits kalt, seine Augen trocken und die Pupillen geweitet gewesen. Auch hätten die Sanitäter keine geeignete Vene mehr gefunden, um eine Infusion für die Verabreichung von Medikamenten zu legen, was darauf hindeute, dass seit längerem kein Blut mehr durch die Adern geflossen sei. Jacksons Herz habe vermutlich schon "20 Minuten bis eine Stunde" vor dem Eintreffen der Sanitäter aufgehört zu schlagen.

Wiederbelebung

Die Sanitäter versuchten eine halbe Stunde lang, Jackson wiederzubeleben. Eine Ärztin des Universitätskrankenhauses von Los Angeles, Richelle Cooper, mit der Senneff während des Einsatzes telefonisch in Kontakt war, wollte ihn um 12.57 Uhr für tot erklären. Murray habe jedoch darauf bestanden, Jackson ins Krankenhaus zu bringen. Cooper sagte am Freitag vor Gericht, der Popstar sei beim Eintreffen im Krankenhaus bereits klinisch tot gewesen. Um 14.26 Uhr erklärte Cooper den 50-jährigen "King of Pop" schließlich für tot.

Die Staatsanwaltschaft wirft Murray vor, Jackson eine Überdosis Propofol gegeben und ihn dann vernachlässigt zu haben. Die Verteidigung argumentiert, der unter Schlafstörungen leidende Jackson habe sich selbst einen tödlichen Cocktail aus Propofol und Lorazepam verabreicht, während Murray nicht im Raum war. Dem Arzt drohen bei einer Verurteilung bis zu vier Jahre Haft.

Schrecksekunde

Am Donnerstag hatte Jacksons Bodyguard Alberto Alvarez gesagt, als er in Jacksons Zimmer kam, habe Murray ihn zum Wegräumen von Medikamenten aufgefordert und ihn erst danach angewiesen, den Notarzt zu rufen. Senneff berichtete am Freitag, nachdem der Sänger zum Krankenwagen gebracht wurde sei er noch einmal zu Jacksons Zimmer zurückgekehrt, um seine Ausrüstung zu holen. Da habe er Murray angetroffen, der gerade Medikamente vom Fußboden neben Jacksons Bett aufsammelte und ihn erschreckt ansah "wie ein vom Scheinwerfer geblendetes Reh". (APA)